Wien - Wolfgang Schüssel, der Einblick in seine "Fliegen"-Sammlung gewährt, Udo Proksch, der im Club 45 mit James Hunt und Niki Lauda die Korken knallen lässt, oder Jimmy Carter und Leonid Breschnew, die 1979 in Wien den Abrüstungsvertrag SALT II unterzeichnen: 40 Jahre lang prägte Walter Wobrazek mit seinen Fotos den Journalismus des "Profil" entscheidend mit. Es waren die "goldenen Jahre im Journalismus", sagt er im Gespräch mit derStandard.at - heute gehört man als Pressefotograf mit einem Anstelllungsverhältnis zu den Privilegierten. 45 Manifestationen dieser "goldenen Jahre", destilliert aus tausenden Fotos, sind ab Ende Mai im "West 46" in Wien zu sehen.
Dokumente aus einer anderen Welt
Was heute die Ausnahme ist, begleitete Wobrazek durch sein gesamtes Berufsleben. 1974, vier Jahre nach der Gründung, kam er zum "Profil" und wurde angestellt, 40 Jahre später geht er in Pension - ohne den Arbeitgeber gewechselt zu haben. Wobrazek ist aber keiner, der nur auf die guten alten Zeiten schielt und nostalgisch wird, wenn er davon spricht. Auch wenn gerade die Pressefotografie dazu Anlass gäbe. Kaum eine Branche spürt den digitalen Wandel mehr.
Künstlerisch wertvoller
Früher, erzählt Wobrazek exemplarisch, waren drei bis vier Fotografen beim Ministerrat, heute dominiert die Hektik, das Gerangel um den besten Schuss. Fotografen könnten Bilder nicht mehr so leicht komponieren, "nur mehr bei Einzelinterviews". Alles sei in Bewegung: "Wenn der Höhepunkt des Bildes erreicht war, haben wir abgedrückt, heute lassen viele ihre Kameras einfach durchlaufen." Fokus und Kreativität gingen verloren - für Wobrazek sind das unerwünschte Nebenwirkungen der digitalen Fotografie. Und: "Früher waren auch die Farben schöner."
"Leute nicht diffamieren"
Aus der Fülle ein Lieblingsbild zu nennen fällt ihm schwer. Zu den Favoriten gehört jedenfalls ein Porträt des Schauspielers Oskar Werner, aber auch Grünen-Politiker Alexander Van der Bellen, wie er in der Wiese liegt und eine Zigarette verschlingt. "Das sind die Glücksschüsse, für die man auf der Lauer liegen muss", sagt Wobrazek, "ohne Leute zu diffamieren." Denn das könne nicht das Ziel von Fotografie sein. (Oliver Mark, derStandard.at, 1.5.2014)
Service:
40 Jahre Zeitgeschehen im "Profil" - Fotoausstellung von Walter Wobrazek
27. bis 31. Mai, 16 bis 21 Uhr
Ort: West 46, Projektraum für Fotografie, 1070 Wien, Westbahnstraße 46