Die Ungleichverteilung der Löhne und Gehälter in den letzten Jahren ist vor allem in den Städten und den stadtnahen Gebieten gestiegen. Das belegen gemeinsame Forschungsergebnisse der Wirtschaftsuniversität Wien (WU) und der Arbeiterkammer Wien, die dem STANDARD vorliegen.

Untersucht wurden Lohnsteuerdaten der Jahre 2004 bis 2011. Aus dieser Statistik geht hervor, dass überdurchschnittliche Einkommen in den Ballungsräumen das lokale Einkommensniveau heben. "Das hat eine deutliche Spreizung der Einkommen und einen Anstieg der Ungleichheit zur Folge", sagt Studienautor Mathias Moser von der WU. In den ländlichen Regionen kam es kaum zu einem Anstieg der Ungleichheit.

Interaktive Karte

Die untenstehende Karte zeigt die Einkommensverteilung der Lohnsteuer für jede Gemeinde, sondern auch das mittlere Jahreseinkommen und die Anteile von Gut- und Schlechtverdienern laut integrierter Lohn- und Einkommensteuer. Details zur Methodik finden sich im Infokasten der Grafik.

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Ungleichverteilungen werden meist mit dem Gini-Koeffizienten gemessen. Ein Wert von 0 würde bedeuten, dass alle gleich viel verdienen, bei einem Wert von 1 verdient eine Person alles. Die stärksten Ungleichverteilungen machten die Forscher in Wien und Umgebung aus. Den mit 0,52 höchsten Gini-Koeffizienten hatte der Wiener Gemeindebezirk Innere Stadt 2010. Dahinter lagen Gießhübl (0,48) und Hinterbrühl (0,47), zwei Gemeinden im Wiener Speckgürtel, und die Wiener Bezirke Döbling (0,45) und Hietzing (0,44).

In ländlichen Regionen wie dem Südbürgenland, der Oststeiermark, dem Innviertel oder dem Waldviertel kommt kaum eine Gemeinde auf einen Wert von mehr als 0,32. In diesen Regionen ist auch das mittlere Jahreseinkommen laut integrierter Lohn- und Einkommensteuer niedrig, im Waldviertel oder der Oststeiermark liegt es bei ungefähr 17.000 Euro. Im Wiener Umland, etwa in Klosterneuburg, liegt es bei über 25.000 Euro. Mehr als 20 Prozent der erwerbstätigen Bevölkerung verdient dort auch mehr als 50.000 Euro. (Anm.: Bei Menschen, die nur lohnsteuerpflichtig sind, ist der "adaptierte Bruttobezug" in die Statistik eingeflossen, das ist der Jahresbruttobezug abzüglich der Sozialversicherungsbeiträge.)

Hohe Immobilienpreise

Die Ungleichheit im Speckgürtel manifestiert sich zum Beispiel in Immobilienpreisen. Moser: "Der Zuzug von Hochverdienern begrenzt den Zugang zum Häusermarkt auf gut verdienende Personen und Familien." Für Einheimische, die in der Regel weniger als Zugewanderte verdienen, wird es so immer schwieriger, leistbaren Wohnraum zu finden. Wenn diese Personen verdrängt werden, wirkt sich das nicht nur auf das gesellschaftliche Leben, sondern auch auf die Infrastruktur im Ort wie Einkaufsmöglichkeiten aus. Um diesen Verdrängungstendenzen entgegenzuwirken, müsse weiter in öffentlichen Wohnraum investiert werden.

Schön, aber teuer: Im Schatten des Linzer Pöstlingbergs sind die Wohnkosten hoch: 400 bis 500 Euro zahlt man hier für den Quadratmeter, sagt Puchenaus Bürgermeister Gerald Schimböck. Mehr Eindrücke aus Österreichs Gemeinden finden Sie hier. (Foto: STANDARD/Newald)
Foto: STANDARD/Newald

Der kommunale Wohnbau in Wien sei ein gutes Beispiel, wie die Politik beitragen könne, die soziale Durchmischung verschiedener Stadtteile zu gewährleisten. "In Wien wird kaum jemand wegen seines Wohnbezirks stigmatisiert. In anderen Städten Europas ist das zum Teil anders", sagt Mitautor Matthias Schnetzer von der Arbeiterkammer Wien. Genauso wichtig sei es, in die öffentliche Infrastruktur zu investieren: "Das Zurückfahren von öffentlichen Investitionsprojekten kann die regionale Ungleichheit noch verstärken." Strukturschwache, ländliche Regionen würden Kürzungen besonders spüren, etwa wenn geplante Verkehrsprojekte nicht oder verspätet stattfinden. Das koste auf lange Sicht dort dringend benötigte Arbeitsplätze, was die Attraktivität der Gemeinden noch zusätzlich senke.

Umwidmungsdruck

Der Zuzug stellt die Gemeinden auch vor ein anderes Problem. Da jeder neue Einwohner den Gemeinden über den Finanzausgleich zusätzliches Geld bringe, steige der Druck auf die lokale Politik, landwirtschaftliche Flächen in Bauland umzuwidmen. In flacheren Gegenden werden die Gemeinden so noch stärker zersiedelt und in den gebirgigen Regionen, wo ohnehin nicht unbegrenzt Platz zur Verfügung steht, komme man mit der Raumordnung in Konflikt. (Florian Gossy, Markus Hametner, DER STANDARD, 2.5.2014)