Beschleunigung wie ein Sportwagen, Verbrauch wie eine Spardose: BMW bringt mit einem 362-PS-Gerät zusammen, was nie zusammen gehörte. Ein Wagnis

BMW schickt sich an, im Bereich Verkehrserziehung die nächste missionarische Maßnahme zu setzen. Ab Juni wird sich der im Vorfeld hinlänglich gehypte Super-Öko-Sportler namens i8 auf Österreichs Straßen materialisieren. Missionarisch deswegen, weil den i8, so wie er in Kürze erscheinen würde, niemand erwartet hätte. Vor allem nicht die BMW-Fanboys. Die wollten im wesentlichen einen mit Bio-Pickerl versehenen Over-the-Top-Wiedergänger des legendären M1 mit ordentlich Schmalz an den Antriebsrädern. BMW indes liefert die straighte Ökologisierung des Supersports - und könnte dabei Gefahr laufen, sich selbst zu überholen.

Foto: bmw

Schließlich wurde mit dem i8 das Thema Sportwagen nicht von schierer Leistung und fahrdynamischen Werten her gedacht, sondern von dem Anspruch, einen zukunftsfähigen Leistungsbeweis in Sachen Effizienz, Hightech und Dynamik abzuliefern, der nicht nur als Technologieträger im Museum enden soll. Der Kompakte i3 hat ja bereits bewiesen, wie ernst BMW die Sache nimmt. Audi und Mercedes nehmen übrigens auch. Nur deutlich mutloser.

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Kurz zur Rekapitulation: BMW i8, das ist die kompromisslose Suche nach einem Kompromiss, der Laissez-faire und Öko-Schlapfn zusammenbringen will. Vermittler in dieser Sache sind ein eigens für die i-Linie kreiertes Leichtbau-Layout, Aluminium als Backbone und strukturbedingte Beigabe, Fahrgastzelle aus carbonfaserverstärktem Kunststoff (CFK). Ergibt fahrfertig ein Gewicht von 1.485 Kilogramm. Nominell ist ein Porsche 911 um 90 Kilo leichter. Tatsächlich aber setzt der i8 auf ein Antriebskonzept, das ihn ein paar schwere Lithium-Ionen-Batterien im Mitteltunnel beschert hat: Plug-In-Hybrid, 3-Zylinder-Turbo-Benziner mit 231 PS im Heck, Elektromotor mit 131 PS auf der Vorderachse.

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Die maximal 320 Nm des 1,5-Liter-Benziners, der auf die Hinterräder einwirkt, beschäftigen eine 6-Gang-Automatik. Der E-Motor, dessen Leistungsband ein Zweigang-Automat auseinander nimmt, bedient die Vorderräder mit 250 Nm maximalem Drehmoment. Und das beim ersten Zucker am Gaspedal. Reichlich Elektronik ist ergo aufgerufen, Motoren, Automatiken und 362 PS Systemleistung in Vortrieb und einen variablen Allrad-Antrieb zu verwandeln. 

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Noch ein paar Fakten zum Drüberstreuen: 600 Kilometer maximale System-Reichweite, bis 37 Kilometer Elektro-Reichweite. 250 km/h Top-Speed, die Elektro-Fraktion werkt bis 120 km/h. Die Batterie nimmt bis zu 7,1 kWh (und lässt sich an der Haushaltssteckdose in drei Stunden zu 80 Prozent nachladen), der Tank fasst nicht mehr als 30 Liter Benzin. Gegen Aufpreis bekommen Reichweiten-Luschis zwölf Extra-Liter. Nicht erweiterbar ist der Mini-Kofferraum des 2+2-Sitzers: 154 Liter.

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Angesichts des Zahlenaufmarschs verkommt die bei einem Supersportler einstmals wichtigste Angabe zur Pflichtübung: 4,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Ein Carrera S mit PDK ist um einen Tick flotter, der US-Elektroniker Tesla Model S um ein Haucherl langsamer. Ersterer kann jedoch angesichts einer Verbrauchswert gewordenen Kampfansage einpacken: nicht mehr als 2,1 Liter Benzin nimmt der i8 auf 100 Kilometer auf dem Papier. Was von dem spektakulären Wert angesichts der bekannten EU-Zyklus-Problematik übrig bleibt, wird sich noch weisen.

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Weisen wird sich auch noch, wie sich die rollwiderstandsoptimierte Bereifung (relativ schmale 195er auf 20 Zoll vorne, 215er hinten) auf das Fahrdynamik-Kapitel auswirken werden. Und das trotz Doppelquerlenkern an der Vorderachse, Fünf-Lenker-Hinterachse und dynamischer Dämpfer-Kontrolle. (DER STANDARD liefert in Kürze und in aller Ausführlichkeit Impressionen von der ersten Ausfahrt mit dem Öko-Sportgerät. Dann gibt's auch erste Hinweise zum Praxis-Verbrauch.)

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Kein Zweifel: BMW hat dem i8 alles mitgegeben, um 4,68 Meter Sportwagen in ein modernes, visionäres Statement der Fortbewegung zu verwandeln. Streberhaft hat man sich sogar bemüht, den Dreizylinder-Turbo in ein diabolisch röhrendes Power-Aggregat zu verwandeln. Zumindest im Cockpit dringen - den BMW-Sound-Ingenieuren sei Dank - synthetische Endtopf-Symphonien ans Ohr des Besitzers. Nicht unschlappe 129.900 Euro kann dieser ab Marktstart Juni für den Leistungsbeweis in Autogestalt ablegen. Der relativ hohe Preis wird nicht über die Zukunft dieser Zukunft entscheiden. (Stefan Schlögl, derStandard.at, 28.4.2014)

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