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Bergsteiger verlassen den Mount Everest.

Foto: Reuters/STRINGER/NEPAL

Kathmandu/Innsbruck - Nach einem schweren Lawinenunglück mit 16 toten Nepalesen am Mount Everest machen sich alle Bergsteiger auf der Südseite des Berges auf den Rückweg. Der Everest sei nicht offiziell geschlossen worden, aber alle Teams packten zusammen, sagte Dipendra Poudel vom nepalesischen Tourismusministerium am Sonntag in Kathmandu. Auch der Osttiroler Alpinist Andy Holzer hat sein Vorhaben aufgegeben.

Der Tiroler wollte als zweiter blinder Bergsteiger mit seinem Team den Everest bezwingen. Der "Misserfolg" der Alpinistenteams sei "lächerlich" im Vergleich zum unfassbaren Verlust der Sherpa-Familien, betonte er auf seiner Homepage. Eine Rückkehr zu einem späteren Zeitpunkt hat Holzer nicht ausgeschlossen. Jetzt gehe es aber erst einmal nach Hause.

Keine andere Wahl

"Wir hatten keine andere Wahl, als uns zurückzuziehen", sagte Guy Cotter, Leiter einer neuseeländischen Expedition. Eine kleine Gruppe Sherpas habe die Tragödie und die internationale Aufmerksamkeit genutzt, um Forderungen nach mehr Geld und Einfluss vorzubringen. Das Problem bestehe nicht zwischen den Sherpas und den westlichen Teams, sondern den Sherpas und der Regierung Nepals, sagt Gordon Janow, Programmdirektor bei Alpine Ascents aus den USA.

Zahlreiche westliche Bergführer berichteten, ihre Sherpas, die nach der einwöchigen Trauerperiode eigentlich weitergehen wollten, seien von der radikalen Gruppe bedroht worden. "Unseren Sherpas wurde gesagt: Wir brechen euch eure Beine, wenn ihr in den Eisfall geht", schrieben Alex Schneider und Sam Chappatte auf Twitter. Auch seien die Sherpas gewarnt worden, dass ihren Familien etwas passiert, schreibt Bergsteiger Scott Mackenzie aus dem Basislager.

Kein Aufstieg ohne Unterstützung

Mehrere Sherpas sagten hingegen, sie wollten aus Respekt vor ihren toten Freunden und Familienangehörigen in dieser Saison nicht weitergehen. Für die meisten Expeditionen aus aller Welt ist es unmöglich, den höchsten Berg der Welt ohne die Unterstützung lokaler Bergführer und Träger zu erklimmen.

Die nepalesische Regierung war den Forderungen der Sherpas im Basislager in der vergangenen Woche nachgekommen und hatte mehr Geld für Verletzte und höhere Zahlungen an ihre Familien im Todesfall zugesagt. Trotzdem entspannte sich die Situation nicht. Einige Sherpas waren offenbar wütend darüber, relativ wenig zu verdienen im Vergleich zu den umgerechnet 2,8 Millionen Euro, die die Regierung 2013 für Gebühren kassierte.

Ang Jangbu, Expeditionsleiter der International Mountain Guides, schrieb in seinem Blog, das Wochenende über seien Helikopter in Camps oberhalb des Basislagers geflogen. So sei Material, das bereits dort deponiert war, ins Tal transportiert worden. Das könnte ein Präzedenzfall sein, denn es sei das erste Mal, dass die Behörden Materialflüge oberhalb des Basislagers erlaubten.

Bisher mussten Sherpas mit all dem Gepäck für die Expeditionen bis zu zwei Dutzend Mal durch den extrem gefährlichen Khumbu-Eisbruch rauf und runter gehen. Dort riss am vergangenen Freitag die Lawine 23 Männer davon. 13 wurden tot geborgen, drei sind noch immer unter Schnee und Eis verschüttet, sieben wurden mit Verletzungen ausgeflogen.

Besteigung von tibetischer Seite

Von den Tumulten unbeeinflusst seien Teams, die den Everest von der tibetischen Seite aus besteigen wollen, berichteten Expeditionsteilnehmer von dort. Alex Schneider und Sam Chappatte erklärten, sie hätten von Tibet aus nun in China eine Lizenz für die Nordseite beantragt.

Unklar war, wie es nächstes Jahr in Nepal weitergeht. Die Expeditionen würden zurückkommen, schließlich gebe es nur einen Everest auf der Welt, sagte Sagar Pandey, Generalsekretär des Verbands der Trekkingagenturen Nepals. Doch der Neuseeländer Cotter meinte, es sei gut möglich, dass zahlreiche Expeditionen wegen der Unsicherheit nun nach Tibet ausweichen. (APA, 27.4.2014)