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Trainer Roger Schmidt wird den Rapidler Terrence Boyd in Leverkusen eher nicht vermissen.

Foto: apa/epa/oczeret

Wien - "Mach uns ka Schand in Deutschland", sagte Rapids Trainer Zoran Barisic am späten Samstagabend. Er umarmte Roger Schmidt, wünschte ihm "Glück in Leverkusen", ging ab. Wobei Barisic natürlich bleibt. Der Kollege von Red Bull Salzburg saß allein in der Pressekammer des St. Hanappi, die es nie zum Zimmer oder Saal geschafft hat. Dieses Problem könnte bald gelöst sein, das Stadion soll im Idealfall noch im Sommer abgerissen und anschließend neu errichtet werden. Schmidt hatte die 1:2-Niederlage messerscharf analysiert, er wirkte im schwarzen Trainingsanzug gefasst. "Wir haben aus viel Ballbesitz zu wenig gemacht, uns fehlte die Durchschlagskraft."

Die Ära Schmidt neigt sich dem Ende zu, den Meistertitel nimmt ihm keiner mehr. "Richtig glücklich bin ich, wenn wir auch den Cup holen." Zu diesem Zwecke müsste zunächst das Halbfinale am 7. Mai in Horn und dann das Endspiel am 18. Mai in Klagenfurt gewonnen werden. Beides ist absolut nicht auszuschließen.

Der 47-jährige Deutsche erklärte die Gründe für seinen Wechsel nach Leverkusen. Leicht sentimental schaute er drein, geheult hat er nicht. Ja, die Stimmung im Hanappi werde er vermissen. "Die Spiele gegen Rapid waren aufregend, ein besonderer Verein. Meine Bilanz ist leider negativ."

Wen er sicher nicht vermissen wird, ist Terrence Boyd. Der hat beide Tore geschossen. "Bei Flanken ist er für mich der beste Spieler in dieser Liga." Schmidt meinte die tipp3, die übrigens gar nicht schlecht sei. "Ihr Österreicher macht euch immer so klein." Und er legte Wert darauf, dass es für ihn überhaupt keine Katastrophe gewesen sei, zwei Jahre lang in Metropolen wie Grödig, Wiener Neustadt oder Maria Enzersdorf gastiert zu haben. "Es geht doch überall um Fußball."

Er habe prinzipiell vorgehabt, den Weg in Salzburg fortzusetzen, das Niveau des Projekts weiter anzuheben. "Deshalb habe ich den Vertrag ja verlängert." Was Schmidt nicht ahnen konnte: "Dass ich gleich für zwei deutsche Klubs interessant geworden bin, Eintracht Frankfurt und Bayer Leverkusen. Beide Angebote waren hervorragend, ich habe mich dann für Leverkusen entschieden. Natürlich ist Deutschland ein anderes Kaliber. So eine Chance kommt nicht oft im Leben."

Kein Zerfall

Red Bull Salzburg dürfte trotzdem nicht zerfallen. Die Spieler akzeptierten mangels Alternative den Abgang ihres hochgeschätzten, nahezu geliebten Trainers. Kevin Kampl sagte: "Ich sehe das mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Lachend, weil Leverkusen eine tolle Aufgabe ist. Man muss sich für ihn freuen. Weinend, weil er uns fehlen wird. Vor allem mir, er hat mich geholt. Er ist menschlich und fachlich ein Wahnsinn, hat für jedes Problem ein offenes Ohr." Es sei, so Kampl, Teil des Fußballgeschäfts, "dass sich Wege trennen. Auch mein Traum ist, einmal in einer großen Liga zu landen." Innenverteidiger Martin Hinteregger geht davon aus, "dass Sportdirektor Ralf Rangnick eine passende Lösung findet. Jeder, der sich im Fußball auskennt, weiß, dass Schmidt gehen musste. Alles andere wäre ein Blödsinn gewesen." Außenverteidiger Florian Klein dürfte kaum betroffen sein, sein Wechsel zum VfB Stuttgart ist praktisch fix. "Aber er war sehr gut, obwohl er nicht immer auf mich gesetzt hat."

Schmidt rät den Spielern zum Verbleib in Salzburg. "Weil es sicher der kürzeste Weg in die Champions League ist." Er werde sich in Leverkusen keinesfalls verbiegen. "Das Drumherum ist halt größer, aber die Trainerarbeit ist immer die Gleiche. Du musst authentisch, geradlinig und ehrlich sein. Die Mannschaft ist der Mittelpunkt, um den geht es. Egal ob in der Kreisklasse oder in der deutschen Bundesliga."

Rapid ist fix in der Europa League. Nicht zuletzt dank Boyd. Der 23-Jährige hofft auf einen Platz im US-Team, er könnte bei der WM in Brasilien der einzige Vertreter aus der österreichischen Liga sein. "Ich reiße mir den Hintern auf." Barisic ortet bei seinem Mittelstürmer Entwicklungspotenzial. "Er ist torgeil, aber auch sehr teamfähig. Das passt eigentlich gar nicht ins Portfolio eines Strikers."

Roger Schmidt denkt offiziell noch nicht an Leverkusen. Dass dort kulturell der Bär steppt und der Charme der Innenstadt jenen von Salzburg übertrifft, ist ihm entgangen. "Von wo haben Sie das?" Darauf hingewiesen, dass es nur ein Scherz gewesen sei, lächelte Schmidt gütig. "Vielleicht vermisse ich den Schmäh." (Christian Hackl, DER STANDARD, 28.4.2014)