In der großen österreichischen Debatte um die "Verteilungsgerechtigkeit" lautete bisher die konventionelle Weisheit: Die Armen werden immer ärmer, die Reichen immer reicher, und der entscheidende Punkt ist, dass die Vermögen ungerecht verteilt sind.

Es ist aber um einiges differenzierter. Eine krasse Ungleichheitslinie verläuft - bei den Pensionen - zwischen privilegiert und nichtprivilegiert. Es gibt eine Zweiklassengesellschaft mit Unterschieden von zum Teil tausenden Euro monatlich - bei gleicher Qualifikation. Es gibt hunderttausende Menschen in diesem Land, die lediglich eine ASVG- (Bauern-, Selbstständigen-)Pension beziehen, sonst nichts. Und dann gibt es zehntausende, vielleicht um die hunderttausend, die zusätzlich eine Sonderpension in teilweise atemberaubender Höhe bekommen - nur weil sie für ein staatsnahes Unternehmen oder eine staatsnahe Institution gearbeitet haben. Es gibt Pensionsparadiese und Pensionsvorhöllen.

Nun hat der bekannte Pensionsexperte Bernd Marin die Sonderpensionen näher unter die Lupe genommen. Denn mit einem neuen Gesetz sollen solche "Luxuspensionen" beschränkt werden ("Sonderpensionenbegrenzungsgesetz"). Seine Studie (siehe Webtipp) kommt zum Schluss, dass diese Beschränkungen eine Augenauswischerei sind; "Übergangs- und Parallelwelten", in denen auch "normale Beschäftigte", nicht nur Spitzenkräfte, weit höhere Sonderpensionen beziehen, seien bei den Sozialversicherungen, den Kammern (Wirtschafts- und Arbeiterkammer), ÖBB, Post, Telekom, OeNB, ORF, Asfinag, Bund, usw. noch bis 2040 oder 2050 voll gültig. Tausende Einrichtungen in Ländern und Gemeinden, wie Landeshypos und Landesenergieversorger, fallen aber gar nicht unter das Gesetz. Die Pensionsprivilegien etwa in der Gemeinde Wien bleiben von der geplanten Reform unberührt. Die Opposition sollte laut Marin darauf bestehen, diese "weißen Flecken" noch ins Gesetz zu nehmen.

Marin nennt das mit starken Worten eine "Sumpflandschaft" und "Verträge zu Lasten Dritter" von Betriebsführung und Gewerkschaft. Um nur ein mittleres Beispiel zu nennen: In den 22 Sozialversicherungsanstalten erhalten die Beschäftigten im Durchschnitt 1352 Euro 14-mal als Zusatzpension (ASVG-Durchschnittspension von Angestellten laut Statistik Austria: 1.328).

Marin: "Die Bediensteten der SV kombinieren die Vorteile des Privatsektors (Abfertigung, niedrigeres Pensionsalter für Frauen) mit den Vorteilen von Beamten (Unkündbarkeit, etc.)." Am krassesten sind die Sonderpensionen bei der Nationalbank (wo auch die Experten sitzen, die die Studien über ungleiche Vermögensverteilung liefern).

In diese Studien müsste man auch die (Sonder-)Pensionen hineinnehmen, denn Alterssicherung ist "das bei weitem größte Vermögen" (Marin; andere Experten, etwa Christian Keuschnigg vom IHS, unterstützen diese Meinung). Jedenfalls habe man es oft mit "Pensionsmultimillionären" zu tun ("Hier könnte die SPÖ bei einem Zipfel der Millionärssteuer ansetzen").  (Hans Rauscher, DER STANDARD, 26.4.2014)