Keine Frage: Googles Stärke ist ein Problem. Der Internet-Riese ist groß, reich, und dominiert die wichtigsten Märkte der Informationswirtschaft. Er reißt einen so großen Anteil der Online-Werbung an sich, dass wenig für andere übrig bleibt. Das bekommt auch derStandard.at zu spüren.

Aber der Mythos von Googles Allmacht, die nun unter anderem von Springer-Chef Mathias Döpfner mit seinem offenen Brief gestrickt wird, ist deutlich übertrieben. Bloß weil Google höchst profitabel ist, heißt es nicht, dass der Konzern echte Macht hat – das heißt, weltweit Dinge in seinem Sinne auch gegen starken Widerstand zu bewirken. Vor allem aber ist Googles Dominanz nicht nachhaltig und äußerst fragil.

Vor zehn Jahren waren Microsoft und Nokia die führenden Spieler in der IT- und Telekombranche. Nokia hat fast alles verloren, Microsoft, dem damals ebenso große Macht zugeschrieben wurde, ist zu einem Großen unter vielen geschrumpft.

Einst war es Microsoft

Dabei war Microsofts Vormachtstellung damals viel besser abgesichert als die von Google heute. Weltweit hatten fast alle PCs Windows-Betriebssysteme mit den dazu gehörigen Softwareapplikationen, und ein Wechsel war für den Nutzer mühsam. Das war der Grund für die Kartellverfahren und – strafen der EU-Kommission gegen Microsoft.

Google hingegen sitzt nicht im einzelnen Computer, sondern irgendwo in der Cloud. Wir nutzen die Suchmaschinen, Google Maps, Chrome und YouTube, weil es praktisch ist. Aber ein Wechsel zu anderen Anbietern ist leicht. Google kann seine Stellung nur verteidigen, in dem es jeden Tag besser ist als andere.

Mit Android hat Google zwar auch ein höchst erfolgreiches Betriebssystem, aber beim raschen Wechsel von Handys kann auch hier ein neuer Anbieter dem Dominator schnell das Wasser abgraben.

Marktmacht durch die Suchmaschine

Google hat daher keines der typischen Eigenschaften eines Monopolisten. Bloß bei der Online-Werbung auf der Suchmaschine hat es echte Marktmacht, die es ausnützen kann – und offenbar auch tut. Deshalb handelt die EU-Kommission mit ihrem Kartellverfahren richtig.

Allerdings wird es schwierig sein, einen Missbrauch der Marktmacht etwa durch Manipulation der Suchergebnisse klar nachzuweisen. Und dass 90 Prozent aller Europäer Google nutzen, kann man dem Konzern nicht zum Vorwurf machen.

Vor Google braucht sich deshalb niemand zu fürchten. Bisher ist es seinen Technikern und Managern gelungen, bei neuen Entwicklungen ganz vorne zu bleiben.

Google+ und Google Glass

Allerdings nicht immer: Google+ hat gegen Facebook kaum eine Chance. Google Glass ist bereits jetzt so umstritten, dass es kaum zum Massenphänomen taugen wird.

Google investiert zwar Milliarden in Zukunftstechnologien wie Drohnen oder Roboter, aber auch das bietet keine Garantie, dass es auch in der nächsten Welle ganz oben mitschwimmen wird. Der freie Markt ist unberechenbar.

Irgendwann wird ein neues Unternehmen eine neue Technologie anbieten, die auch Googles phantastische Suchmaschine übertrumpft, so wie Google es einst mit AltaVista tat – und wird sich hoffentlich nicht gleich in der Frühphase aufkaufen lassen.  

Und in zehn Jahren werden sich viele wahrscheinlich darüber wundern, dass man einst von diesem etwas altmodischen Unternehmen als Weltmacht sprach. (Eric Frey, derStandard.at, 26.4.2014)