Viele Menschen haben sich irgendwann durch die ersten Fahrstunden gekämpft und den Führerschein gemacht. Nach einiger Zeit denkt niemand mehr nach, mit welchem Fuß welches Pedal in einer bestimmten Situation bedient werden muss.

Diejenigen, die aus lauter Vorfreude jedes Mal ihren Fortschritt registriert hatten, merkten rasch, dass sie sich im Verkehr immer besser zurechtfanden und Schalten, Kuppeln, Bremsen und Fahren immer einfacher wurden.

Wir können irgendwann sogar unser Auto ganz leicht einparken, das Einschätzen der Dimensionen wird immer einfacher, je öfter wir das machen und dabei Erfolgserlebnisse aneinanderreihen können. Wenn nicht, dann kann es geschehen, dass wir die Angst vorm Einparken lernen und uns immer wieder schwer dabei tun.

All das formt Muster in unserem Gehirn, sowohl neue als auch sich verändernde.

Linksfahrordnung

Nehmen wir an, die Person, die nach einigen Jahren gut fahren kann, geht dann nach England, dann können wir beobachten, wie mächtig ein einmal gelerntes Muster sitzt und dass trotzdem nach einiger Zeit gut umgelernt werden kann.

Es geht also darum, wieder zu üben und dabei (fast) das Gegenteil des vorher gelernten Musters zu tun. Mit der Linken schalten, auf der anderen Straßenseite fahren, anders einparken. Aber das gegenteilige Handeln alleine ist nicht alles.

Der wichtige erste Schritt war die Entscheidung, nach England zu gehen. Ein Muster zu verändern braucht also die Erkenntnis, dass es ein Muster gibt, einen wichtigen Grund, es verändern zu wollen, Zeit und Kraft zum Erlernen des neuen Musters.

Je mehr wir aus uns heraus das Muster wirklich verändern wollen, umso leichter wird uns der Einstieg in die Veränderung. Und wir werden wahrscheinlich öfter an die Erfolgserlebnisse da-bei denken und mit jeder Erinnerungssequenz dieses neue Muster verstärken, bis auch daraus eine neue Datenautobahn im Hirn geworden ist, die die alte langsam ausbalancieren kann.

"Müssen" hält fest

Wenn wir allerdings damit beginnen, weil wir müssen, werden wir uns immer öfter an den Verlust des gewohnten Musters erinnern und mit jeder Erinnerung daran das alte Muster mehr verstärken als das neue.

Wir brauchen also im Idealfall einen guten (begeisternden) Grund und müssen uns, so oft es nur geht, auch positiv an die neuen Schritte erinnern. Lernen heißt mit etwas zu beginnen, das ich noch nicht kann, und ist manchmal mühevoll. Trotzdem kann ich im Fortschritt - und sei er noch so klein - oder in der Tatsache des Beginnens selbst Freude (Ausschüttung des Glückshormons Dopamin im Gehirn) empfinden.

Wichtig ist der Wille, solche Positiva zu suchen und zu finden. Das Wohlgefühl daraus kann ich mit jeder Erinnerung daran abrufen und wieder verstärken.

Solche Veränderungen brauchen oft einen Spiegel (die anderen), um Muster zu erkennen, und dann Pfadfinder, Begleiter, Motivatoren auf dem Weg. Die Veränderung von Angst- und Panikmustern folgt ähnlichen Wegen.

Wichtig sind und bleiben Handeln und Erinnern. (Johann Beran, DER STANDARD, 26./27.4.2014)