Es ist eine Schleife des Grauens, in der die österreichische So-als-ob-Bildungspolitik zurzeit läuft. Eine verheerende "Sparidee" für die Schulen löst die andere ab – und die, die das verantworten, finden es wunderbar und gehen zufrieden auseinander. Motto: Gutgegangen, nix geschehen, wieder einmal davongekommen.

Die jüngste Ungeheuerlichkeit ereignete sich beim "Schulgipfel", den Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) mit den Bildungsreferenten der Länder inszenierte. Mit dem Ergebnis, dass nun nicht vor allem die Schüler im pädagogisch verflixten neunten Schuljahr in größeren Klassen die Zeche zahlen sollen, sondern es wurden noch bequemere Opfer gefunden: jüngere Schulkinder mit Betreuungsbedarf und ihre Eltern. Mit denen kann man's ja machen.

Die mussten sich schon mit der kaum spürbaren Erhöhung der Familienbeihilfe um acht bis zwölf Euro pro Monat vorführen lassen. Denen kann man getrost den versprochenen Ausbau der Ganztagsschulen wieder wegnehmen. Was sollen die denn groß dagegen tun? Ihre Kinder müssen hin, weil Schulpflicht. Zahlen müssen sie auch, weil Steuerpflicht. Und ihre Kids betreuen? Ach ja, müssen sie natürlich auch. Irgendwie halt. Irgendwo. Mit Geld geht das schon.

Es ist also auch eine degoutante sozialdarwinistische Maßnahme auf Kosten derer, die sich am wenigsten wehren können, aber am meisten davon profitieren würden. Damit wurde die mit viel sozialdemokratischem Pathos – und deutlich weniger Hingabe seitens der ÖVP – groß verkündete, dringend notwendige Ganztagsschuloffensive kurzerhand gekapert und um 50 Millionen Euro reduziert.

Dass die finanzmaroden Gemeinden bisher nicht die ganze "Anschubfinanzierung" abgerufen haben, ist ihnen nicht zum Vorwurf zu machen. Es zeigt nur einen Konstruktionsfehler. Denn eigentlich wäre es die Verantwortung des Bundes, für schulpflichtige Kinder beste, ausfinanzierte Betreuungsverhältnisse anzubieten.

Es zeugt von verstörendem Kadergehorsam, dass ausgerechnet die Sozialdemokratin, die als Frauenministerin eine gute, engagierte Performance hingelegt hat, als Unterrichtsministerin den berufstätigen Eltern, vor allem den Frauen, die noch immer den Großteil der Betreuungsarbeit leisten, so in den Rücken fällt. Alles, damit Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) in Ruhe "durchregieren" kann?

Es ist aber auch ein Zeichen für mangelndes Bewusstsein, was Schule als einer der wichtigsten verbindlichen Orte für alle Kinder über die bloße Wissensvermittlung hinaus ist. Über den pädagogischen, sozial- und gesellschaftspolitischen Wert von Ganztagsschulen, die Lernen, Fördern und Freizeit verbinden und so in hohem Maß sozial kompensatorisch wirken und "Nachteilsausgleich" schaffen, sollte man eine Regierung eigentlich nicht mehr aufklären müssen.

Über die allmählich staatsgefährdenden Auswüchse des Kraken Föderalismus auch nicht. Er hat dem Land beim Ringen um das Schulbudget wieder ein Stück Zukunft gestohlen. Die Selbstgefälligkeit der Landespolitiker war dabei entlarvend: Der Bund macht noch immer, was wir wollen. Tja. Mit denen kann er's nicht machen.

"Der Bund" ist immer nur so schwach wie seine Regierung. Weniger Widerstand als von Faymann und ÖVP-Kompagnon Michael Spindelegger hatten die Länder nie abzuwehren.

Mit uns können sie's ja machen? Nun, längstens bis 2018. (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, 25.4.2014)