Für ihn sind die Hürden, die Anschubfinanzierung für Gesamtschulplätze abzuholen "viel zu hoch": Gemeindebundchef Helmut Mödlhammer

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Wien - Am Tag danach sollte alles so einfach scheinen: Sparbedarf (bis auf acht Millionen Euro) gedeckt, alle sind zufrieden. Jedenfalls die Bildungsministerin. Und, noch viel wichtiger: die Länder.

Die Freude über die neu entdeckten 50 Millionen Euro, die im Bereich der Ganztagsschulen gespart werden sollen, teilen jedoch nicht alle. Helmut Mödlhammer etwa, der Chef des Gemeindebundes. Für ihn wurde die jetzt angestellte "Rechnung auf dem Rücken Dritter" gemacht. Nämlich "zulasten der Eltern" und der Gemeinden, die gute Gründe dafür hätten, die vom Bund geleistete "Anschubfinanzierung" in den vergangenen Jahren nicht vollständig aufgebraucht zu haben. Für Mödlhammer sind die Bedingungen für den Einsatz der Bundesmittel "viel zu hoch", letztlich blieben die Gemeinden auf einem Großteil der Personalkosten sitzen.

Die Finanzarithmetik hinter dem Mittwochabend erzielten Teilstreckenergebnis:

  • Ganztagsschule Von den für 2011 veranschlagten 80 Millionen Euro wurden 42 Millionen nicht abgeholt, auch 2012 blieb der Bund auf acht Millionen Euro sitzen. Macht insgesamt 50 Millionen - und damit genau jenen Betrag, der jetzt weder Ministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) noch den Länderchefs wehtut, um einen Sparbeitrag zu leisten.
  • Inseratenbudget, Förderungen Ganze 18 Millionen Euro will die Ministerin durch weniger Mittel für einzelne Projekte und weniger Eigenwerbung sparen.
  •  Bifie Das Bundesinstitut für Bildungsforschung muss mit drei Millionen weniger auskommen.
  •  Schulbauten Für weitere sieben Millionen Euro Einsparungsmasse bei Bauprojekten habe man jetzt erst das finale Okay aus der Budgetabteilung bekommen.
  •  Rest Die Herkunft von weiteren acht Millionen zur Erreichung des Einsparungsziels von 87 Millionen für 2014 ist laut Ministerium "noch immer offen". Bei den bislang kommunizierten 57 Millionen wurde von einer finanziellen Beteiligung der Länder in Höhe von 30 Millionen ausgegangen - das sei erst einmal "vom Tisch".

Die Kritik des Gemeindebundes an zu hohen Anforderungen in Sachen Ganztagsschule will die Ministerin so nicht stehen lassen: Die Personalkosten würden 2015 mit 9000 statt bislang 8000 Euro pro Jahr und Gruppe gefördert, die Zahlungen für Infrastruktur von 50.000 auf 55.000 Euro pro Jahr und Gruppe erhöht. Einzig die Irritation ob des Finanzministers, der in der Debatte über eine Verländerung des Schulwesens Sympathien für den Vorstoß der Föderalisten gezeigt hatte, will die Ministerin unkommentiert lassen.

Kritik von Arbeiterkammer und Gewerkschaftsjugend

AK-Chef Kaske würde lieber Einsparungen beim Landeslehrer-Controlling und "Zwergschulen" sehen. Mit den ganztägigen Schulformen werde dagegen der Rotstift "ausgerechnet beim wichtigsten und zukunftsträchtigsten Bildungsvorhaben angesetzt", so Kaske. "Die Ganztagsschulen sind wichtig, weil hier Kinder auch am Nachmittag gut betreut, gefördert und begleitet werden und damit mehr Chancen haben."

Kritik übte er an den Bundesländern: Diese würden einerseits die vom Bund bereitgestellten Mittel für den Ausbau nur zögerlich abrufen und andererseits den Stellenplan bei den Landeslehrern überziehen, um kleine Schulstandorte zu erhalten. "Zwergschulen dürfen nicht auf Kosten von Zukunftsprojekten um jeden Preis erhalten werden."

Die Gewerkschaftsjugend (ÖGJ) plädiert stattdessen für neue Steuereinnahmen: "Wir wollen eine Vermögenssteuer, weil es uns um Gerechtigkeit geht. Nicht die Schülerinnen und Schüler sollen für das Versagen der Banken zahlen, sondern die Reichen, deren Spekulationen die Bankenkrise mitverursacht haben", erklärte ÖGJ-Vorsitzender Sascha Ernszt in einer Aussendung.

Wirtschaftskammer: Rückschritt bei Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Die Bundesvorsitzende von Frau in der Wirtschaft (FiW) in der Wirtschaftskammer, Adelheid Moretti, sieht einen "echten Rückschritt bei der so wichtigen Vereinbarkeit von Beruf und Familie", wie sie am Donnerstag erklärte. "Und am Frauentag bemängeln dann dieselben Personen, dass Frauen oft Teilzeit arbeiten und seltener in Führungsjobs zu finden sind." Stattdessen sollten Doppelgleisigkeiten in der Verwaltung angepackt und die Finanzierung der Sekundarstufe II (vor allem AHS, BMHS, Berufsschule) statt über die Zahl der Schüler anhand der Zahl der Absolventen erfolgen.

Kritik auch von Gewerkschaft, SJ und AKS

Durch den mit den Ländern akkordierten Sparvorschlag (110 statt 160 Mio. Euro im Jahr 2014) würden gerade Schüler aus sozial schwächeren Familien wichtiger Betreuung und Förderung beraubt, warnt die Aktion Kritischer Schüler_innen (AKS). Der SJ-Voritzende Wolfgang Moitzi wirft der SPÖ außerdem vor, sie werfe eine ihrer wichtigsten Wahlkampfforderungen über Bord. In einer gemeinsamen Aussendung mit dem Verband Sozialistischer Student_innen (VSStÖ) forderten die Jugendvertreter die SP-Parlamentarier auf, in der gerade laufenden Nationalratssondersitzung "gegen zukunftsfeindliche Sparpläne der Regierung in diesen Bereichen zu stimmen". Eine Forderung richten sie auch an die Länder: Diese sollten die vom Bund bereitgestellten Mittel zum Ausbau ganztägiger Schulplätze zügig in Anspruch nehmen. (riss, APA, DER STANDARD, 25.4.2014)