Vor fast 40 Jahren als bester Geländewagen der Welt konzipiert und immer wieder totgesagt, findet der G noch immer Liebhaber. Wichtig nur: Der Preis muss hoch genug sein

Als 1983 der Papst nach Wien kam, benützte er einen Mercedes G, der zu dieser Zeit als sogenanntes Papamobil fungierte. Zu Ehren des Gastgeberlandes wurde eigens das Puch-Emblem anstatt des Mercedes-Sterns montiert, schließlich sollte die ganze Welt über die genetischen Verhältnisse dieses Automobils aufgeklärt werden.

Foto: mercedes

Der Mercedes G ist und war nämlich seit Jahrzehnten eines der wenigen echt österreichischen Autos, entworfen, entwickelt und gebaut von Anfang an in Graz, zuerst bei Steyr-Daimler-Puch und dann beim Nachfolgeunternehmen Magna Steyr.

Foto: mercedes

Das Auto hieß ursprünglich Puch G, jedenfalls in jenen Staaten, in denen die Marke Puch einen Namen hatte, neben Österreich nämlich in allen Ländern Ex-Jugoslawiens, der Schweiz und Großbritannien. Nicht zu verhehlen war der ursprüngliche Haupteinsatzzweck, die militärische Verwendung, wenngleich man auch auf eine sehr weitreichende humanitäre Nutzung dieses oftmals als bester Geländewagen der Welt bezeichneten Fahrzeugs gerne hinweist.

Foto: mercedes

Laut Legende soll der Schah von Persien mit dem Landrover so unzufrieden gewesen sein, dass er bei Mercedes so etwas Ähnliches bestellt haben soll, worauf Mercedes die Grazer mit der Exekution des lästigen Kundenwunsches beauftragte. Mittlerweile sind seit fast 40 Jahren alle Versuche gescheitert, die Produktion des G einzustellen. Immer wieder brach rechtzeitig irgendwo ein Krieg aus, und man musste mit anständigem Gerät zu Hilfe eilen. So überlebte der G bis heute.

Foto: www.bundesheer.gv.at

Das militärische Geschäft - hier ein G beim Eufor-Einsatz des Bundesheeres im Tschad - ist inzwischen nicht mehr so präsent, umso mehr spielt er als Spielzeug für Betuchte eine immer wichtigere Rolle, als Oligarchenschaukel, wie manche politisch doch recht unkorrekt behaupten.

Foto: www.bundesheer.gv.at

Es ist herrlich, aus dem Blickwinkel des kleinen Hypo-Retters die Preisliste des Mercedes G zu betrachten. Wahrlich, hier wird Pionierhaftes vollbracht. Eine hübschere Möglichkeit, das Geld direkt vom Finanzmarkt wieder in die Realwirtschaft zurückzuführen, gibt es wohl kaum: 111.360 Euro kostet das Einsteigermodell mit 211-PS-Dieselmotor, aber damit geben sich wohl nicht viele zufrieden. Es gibt auch einen fetten V12-Zylinder für 343.580 Euro.

Foto: mercedes

Hier sei aber darauf hingewiesen, die umfangreiche Serienausstattung macht es sehr schwierig, über die Aufpreisleiter auf eine halbe Million hochzuturnen. (Außer man geht zum Edel-Tuner, dann purzelt die halbe Million relativ rasch.)

Foto: german special customs

Das Fahren mit diesem Automobil erinnert an früher oder eigentlich schon an mittlerweile Vergessenes. Die mächtigen angetriebenen Starrachsen mit Leiterrahmen verleihen dem ganzen Vehikel tatsächlich einen gewissen Leiterwagencharakter. Das haben die genialen Entwickler von Magna und Mercedes einfach nicht weggekriegt.

Foto: mercedes

Und wenn man ihnen noch einmal doppelt so viel Geld geben würde, sie könnten daran nix ändern, weil die Physik ist unbestechlich. Du fühlst dich bei akzeptabel hoppeligem Fahrverhalten auf der Autobahn ein bisschen wie ein Botendienst, der versucht, wenigstens einmal im Leben den Ankunftsprognosen seines Navis zuvorzukommen.

Foto: mercedes

Die soziale Rolle des G in der Öffentlichkeit hat sich mittlerweile auch ein wenig relativiert. Man merkt es daran, dass ständig jemand versucht, dir den Vorrang zu nehmen, aber wenn du ein bisschen hart bleibst, traut sich dann eh keiner wirklich. Doch wenn du damit durch einen Wald fährst, es muss gar nicht dein eigener sein, ziehen sie trotzdem alle den Hut: die neue Herrschaft? - man kann ja nie wissen - oder so ähnlich.

Foto: mercedes

Sollen wir uns jetzt tatsächlich auf den Weg machen, um den zu suchen, der dieses Auto wirklich braucht? Wir würden ihn sicher finden, aber es wären gewiss deren zu wenige, um die Weiterführung der Produktion zu garantieren. Deshalb appellieren wir hier aufs Eindringlichste: Kaufen Sie dieses Auto, wenn Sie können, es macht eine Menge Spaß und erfüllt hervorragend die erwähnte soziale Funktion "Umschichtung des Vermögens von der Finanzwelt in die Realwirtschaft". (Im Bild die aktuelle Fingerübung für einen Nachfolger der G-Klasse.)

Foto: mercedes

Mit jedem gekauften G finanzieren Sie obendrein zusätzlich die Entwicklung sparsamer und umweltfreundlicher kompakter Modelle für keinen minderen Zweck als die Rettung des Planeten. Was, Sie haben zwar einen Batzen Vermögen, aber zu weit weg geparkt oder irgendwo zur Sicherheit vergraben? Auch da ist Ihnen zu helfen: Die Leasingrate beginnt bei wohlfeilen 679 Euro monatlich, inklusive (!) Steuern. (Rudolf Skarics, DER STANDARD, 25.4.2014)

Link

Mercedes-Benz

Foto: mercedes