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Bundeskanzler Werner Faymann, flankiert vom SPÖ-Spitzenkandidaten für die EU-Wahl, Eugen Freund (links), und Altbundeskanzler Franz Vranitzky.

Foto: APA/ROBERT JAEGER

Die österlichen Feierlichkeiten sind vorüber, die zum Tag der Arbeit stehen erst bevor. Die SPÖ stieß am gerade noch ferialen Osterdienstag in diese Feierlichkeitslücke, um in Eisenstadt in den bundesweiten Wahlkampf fürs Europaparlament am 25. Mai zu starten. Mit allem, was Rang und Namen hat: rote Regierungs- und Brüsseler Spitze waren angereist, Parteigranden bis ins vierte Glied gaben dem roten Wahlauftakt die Ehre, Seniorenchef Karl Blecha applaudierte, Altkanzler Franz Vranitzky sprach seinen Nachfolgern entsprechend Mut zu. Selbst "Science Buster" Werner Gruber, begleitet von den Kollegen des unterstützenden Personenkomitees, besetzte zwei Sessel, von denen freilich genug leer geblieben waren im neuen Kultur- und Kongresszentrum.

Niessl will "Nummer eins werden"

Die schütteren Sitzreihen waren durchaus erstaunlich, vergegenwärtigt man sich den hohen Organisationsgrad und die Organisierungsdisziplin der burgenländischen Sozialdemokratie. Die lassen es nicht ganz unwahrscheinlich erscheinen, dass die Vollmundigkeit des gastgebenden Landeshauptmanns Hans Niessl ("Wir wollen im Burgenland wieder Nummer eins werden, den Abstand zur ÖVP vergrößern") sich materialisiert. Die dritte Ansage des Landeshauptmanns klang allerdings mutig: "Wir wollen auch bundesweit die Nummer eins werden."

Dazu gilt es freilich, die historische Schmach aus 2009 – 23,7 Prozent gegenüber 30 Prozent der ÖVP – zu tilgen. Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos weiß auch schon, wie: mit einer deutlichen "Ja, aber"-Strategie. Europa schon, aber nicht eines der Lobbyisten und Regulierungsfanatiker. Die ÖVP bestehe diesbezüglich aus "Jasagern", die FPÖ aus "Blendern", die SPÖ dagegen wolle – dem Vorbild Karl Marxens in Bezug auf G. W. F. Hegel folgend – "von Brüssel aus Europa vom Kopf auf die Füße stellen".

"Finanzhaie"

Dieser Dreh funktioniert, so meinte Kanzler Werner Faymann, indem man – dem 1. Mai vorausgreifend – das Lied der hohen Braut singt. "Arbeit, Beschäftigung." Die Jugendarbeitslosigkeit dürfe nicht hingenommen werden. Stattdessen wurden von den Finanzhaien Milliarden, ja Billionen vernichtet, "die wir so dringend für Bildung und Arbeit gebraucht hätten". Da klatschte Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek sehr inbrünstig.

Eugen Freund, um den es an diesem Abend ja in der Hauptsache ging, unterstrich das alles und mehr. Im Tonfall – der ist für einen Spitzenkandidaten ja nicht unwichtig – hat er sich etwas einigermaßen Pastorales erarbeitet. Dem ausgegebenen "Ja, aber" stimmt er nicht bloß zu. Er verkörpert es, erweckt den Eindruck, die europäischen Dinge zu erwägen, nicht zu verkünden. Dort, wo er es tut ("Mein Europa, unser Europa muss sozialer werden!"), klingt er ein wenig zu geschult, fast gecoacht. Das irritiert die Zuhörer. Auf seinen schönsten, gedrechseltsten Satz ("Die Banken sind jetzt aus dem Wasser, der Bevölkerung steht das Wasser aber immer noch bis zum Hals") setzt der Applaus nur zögerlich ein. Die Sache mit dem rhetorisch notwendigen Stimmerheben übt er hörbar noch. Das "Freundschaft!" hingegen gelingt anstandslos. Das sichert auch lauten Abgangsapplaus. (Wolfgang Weisgram aus Eisenstadt, derStandard.at, 22.4.2014)