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Zuerst unauffällig anpirschen und dann rein in die Sardinen: Fächerfische können ihre schwertartige Schnauze blitzschnell herum- und ein ganze Menge Fische in den Tod reißen.

Foto: Stuart Westmorland/Corbis

Berlin/Cancún/London - So schnell, wie der Fächerfisch zuschlägt, kann man gar nicht schauen. Und auch die gejagten Sardinenschwärme selbst scheinen gar nicht mitzubekommen, wie ihnen geschieht. Mit welch perfiden Methoden die spektakulären Meeresräuber bei der Jagd vorgehen, haben britische Forscher nun erstmals mit Hochgeschwindigkeitskameras festgehalten.

Die Wissenschafter rund um den Verhaltensbiologen Jens Krause vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin hatten vor der Küste Cancúns in Mexiko das Verhalten des Atlantischen Fächerfischs (Istiophorus albicans) untersucht. Der Fächerfisch, auch Segelfisch genannt, ist mit Marlinen und Schwertfischen verwandt, die ebenfalls eine schwertartig verlängerte Schnauze haben und extrem schnelle Schwimmer sind. Der Fächerfisch beeindruckt zudem durch seine überdimensionierte Flosse, die sich fächerartig über seinen Rücken zieht - was ihn zu einer beliebten Trophäe von Sportfischern macht.

Wie die High-Speed-Aufnahmen zeigten, kreist zuerst eine Gruppe von Fächerfischen den Schwarm ein, bis sich einer an die Sardinen heranpirscht. Vorsichtig passt sich der Jäger an die Geschwindigkeit seiner Beute an und schiebt seine spitze Schnauze, das sogenannte Rostrum, inmitten der Sardinen, ohne dass die es bemerken oder ausweichen. Erst wenn es für eine Flucht zu spät ist, schnappt der Jäger zu.

Die Wissenschafter konnten dabei zwei Strategien identifizieren: Entweder greifen sich die Fächerfische gezielt eine Sardine heraus, oder sie drehen den Kopf schlagartig seitwärts, wodurch sie gleich eine ganze Reihe von Fischen erwischen. Bei keiner der beobachteten Jagden habe ein Fächerfisch seine Beute aufgespießt, berichten die Forscher im Fachjournal "Proceedings B" der britischen Royal Society.


Video: Fächerfische auf der Jagd (Quelle: Alexander Wilson/Youtube).

Die Aufnahmen zeigten, mit welchen Geschwindigkeiten die wendigen Tiere die Sardinenschwärme aufmischen: Das Rostrum krache mit einer mittleren Geschwindigkeit von gut 20 Stundenkilometern auf die Beute. Für die Seitwärtsbewegung der Rostrumspitze errechneten die Forscher eine mittlere Beschleunigung von 130 Metern pro Quadratsekunde. Das ist eine der schnellsten Beschleunigungen, die je bei Wasserwirbeltieren gemessen wurden.

Manövrieren nach Farben

Fächerfische gehören mit Schwimmgeschwindigkeiten von 110 Kilometern in der Stunde zu den schnellsten Schwimmern der Meere - für den Beutefang spielt dies aber keine Rolle, so die Forscher. Vielmehr ist der extreme Ausbau der Schnauze perfekt an den Fang in Schwärmen angepasst. Die effektive Manövrierfähigkeit des Rostrums erlaubt den Jägern, Nachteile gegenüber kleineren Beutetieren auszugleichen, die normalerweise schneller beschleunigen können. Dass auch in Gruppen von 40 Räubern stets ein Fächerfisch nach dem anderen die Sardinen attackierte, führten die Forscher darauf zurück, dass so gegenseitige Verletzungen durch die rasanten Bewegungen vermieden werden können.

Die abwechselnden Attacken dürften durch die jeweilige Hautfarbe der Fische gesteuert werden: Sind sie gestresst oder aufgeregt, können sie blitzschnell eine andere Tönung bekommen. Dieses funkelnde Farbenspiel ist nur ein Rätsel, das die Meeresforschung weiter beschäftigt. Denn auch die Funktionen der fächerförmigen Flossen sind nicht restlos geklärt - sie dürften aber auch bei der Stabilisierung während der Speed-Attacken hilfreich sein. (kri, DER STANDARD, 23.4.2014)