Die Forschungsergebnisse zur Geschichte des regionalen Widerstands im Land Salzburg gegen die Nazi-Diktatur erschienen Anfang April in Buchform.

Foto: Renner Institut Salzburg

Salzburg – Der 22. Juni 1941 markiert einen der wichtigsten Wendepunkte in der Geschichte des nationalsozialistischen Deutschland. Am 22. Juni 1941 begann der Überfall der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion. Ein vom Bund Sozialdemokratischer FreiheitskämpferInnen und dem Renner-Institut initiiertes Forschungsprojekt zur Geschichte des regionalen Widerstands im Land Salzburg gegen die Nazi-Diktatur hat sich dieses Datum als zeitlichen Angelpunkt für die Arbeit gewählt. Neben der signifikanten Verschlechterung der Versorgungslage sei der Russlandfeldzug "auch als ein Symbol" dafür gesehen worden, "dass Hitler und die deutsche Wehrmacht im kalten Winter der schier unendlich großen Sowjetunion scheitern werden", heißt es in der Anfang April erschienenen Publikation der Forschungsergebnisse.

50 Kurzporträts

Neben einem militärhistorischen Abriss zu den Kriegsereignissen 1941, neben einer Einordnung in die Geschichte Österreichs und Salzburgs bis 1941 und einem eigenen Abriss zur Widerstandsgruppe im Pongauer Eisenwerk Sulzau-Werfen widmet sich der Band vor allem den Einzelpersonen, die versucht hatten, dem Nazi-Terror die Stirn zu bieten. 50 Kurzporträts von Widerstandskämpfern – Sozialdemokraten, Kommunisten, Gewerkschafter, Konservative, Christen sowie "individuelle" NS-Gegner – hat der Salzburger Historiker Mario Scheiber zusammengetragen. Als Quellen dienen Scheiber Dokumente aus dem inzwischen aufgelösten Karl-Steinocher-Fonds ebenso wie Anträge auf Opferfürsorge, Gerichtsprotokolle, Steckbriefe und Zeitzeugengespräche.

Das Buch kann und will mit seiner Beschränkung auf das Jahr 1941 – jeder Einzelne, jede Einzelne der fünfzig ausgewählten Nazi-Opfer ist im Jahr 1941 verhaftet, vorgeladen, verhört, verurteilt, enthaftet oder deportiert worden – keinen Anspruch auf einen vollständigen Überblick über den gesamten Widerstand im Land Salzburg geben. Das größte Verdienst der Arbeit ist, die konkreten Menschen, ihr Leben und ihr Schicksal hinter dem abstrakten Wort "Widerstand" sichtbar zu machen – mit allen Absurditäten und der damit verbundenen Menschenverachtung, die das NS-Regime hervorgebracht hat. So ist beispielsweise der Pinzgauer Eisenbahner Andreas Kronewitter verhaftet, zum Tode verurteilt und ermordet worden, weil er als besorgter Vater in einem Brief seinem Sohn Tipps gegeben hatte, wie dieser im Feld den Krieg überleben könne.

"Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist", heißt es im Talmud. Unter diesem Motto sind inzwischen europaweit zehntausende Stolpersteine für NS-Opfer verlegt worden. Über 200 dieser kleinen, dezentralen, in den Boden eingelassenen Mahnmale liegen inzwischen in Salzburg. Das Buch „Widerstand in Salzburg 1941" beschreitet mit seinen 50 konkreten Schicksalen gewidmeten Kurzporträts einen ähnlichen Weg. Ein Heimatbuch im besten Sinn. (Thomas Neuhold, derStandard.at, 22.04.2014)