Wien - Ein gesamter Wohnbaukomplex in Wien wird derzeit umfassend auf Wasserschäden und Schimmelbefall untersucht. Das ist die Reaktion der gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaft Sozialbau AG auf einen STANDARD-Artikel vor zwei Wochen. Wie berichtet haben Mieter im vor eineinhalb Jahren eröffneten Wohnkomplex in der Ödenburger Straße in Floridsdorf massiven und potenziell gefährlichen Schimmelbefall in mehreren Reihenhäusern aufgedeckt.

"Wir werden alle 70 Reihenhäuser untersuchen lassen", sagt Herbert Ludl, Vorstandsvorsitzender der Sozialbau. "Ich kann Überraschungen nicht ausschließen. Aber mit hoher Wahrscheinlichkeit werden wir auf keine größeren Schäden mehr stoßen."

Ludl sind bisher vier Fälle bekannt. Bei einem sei durch den beträchtlichen Schimmelbefall "Gefahr im Verzug" gewesen. Eine Alleinerzieherin mit drei Kindern hatte Mitte Jänner den Befall entdeckt, erst Wochen später ist ihr eine Ersatzwohnung zur Verfügung gestellt worden. Sie klagte wie auch andere Mieter über häufige Erkrankungen und über die späte Reaktion der Sozialbau.

Bei Tamara Sekerlioglu, der betroffenen Mutter, waren die Armaturen im Bad nicht silikoniert. Wasser sickerte mehr als eineinhalb Jahre lang hinter die Fugen. Als der Schimmel hinter den heruntergestemmten Fliesen entdeckt wurde, gelangten Schimmelsporen in die Raumluft.

"Der Skandal an der Sache"

Sekerlioglu stellt im Gespräch mit dem STANDARD in Abrede, dass nur vier Mieter betroffen seien. "Ich weiß definitiv, dass bei einer ersten Überprüfung in 24 Reihenhäusern die Badarmaturen nachsilikoniert werden mussten." Das wären mehr als ein Drittel aller Reihenhäuser.

Ludl bestätigt diese Zahl nicht. Er weist darauf hin, dass eine fehlende Silikonabdichtung nicht automatisch einen Wasserschaden bedeuten muss. "Aber die Dichtung hat natürlich da zu sein. Das ist der Skandal an der Sache."

Auch im gegenüberliegenden neuen Sozialbau-Wohnhaus werde man einige der 172 Wohnungen stichprobenartig untersuchen. Dort soll es laut Sekerlioglu ebenfalls mehrere Fälle mit Wasserschäden geben. "Einige Mieter haben sich schon einen Anwalt genommen", sagt sie.

Extremer Befall

Die Sozialbau betreibt als Österreichs größter privater Hausverwalter mehr als 47.000 Wohnungen. Nach dem ersten STANDARD-Bericht haben sich auch Mieter anderer Anlagen gemeldet. Ein Neubau in der Kurt-Tichy-Gasse im zehnten Wiener Bezirk kämpft seit acht Jahren mit Wasserschäden, sagt Hausvertrauensperson Günther Höller. "Es wird von der Sozialbau AG totgeschwiegen und immer nur stückchenweise saniert." Höller schätzt, dass "in 40 Prozent der Wohnungen Schimmel ein Problem war". Derzeit hätten drei der 32 Wohnungen mit "extremem Befall" zu kämpfen.

Vor einem Monat hat Höller die Sozialbau AG per Brief erneut auf Baumängel und Schimmel in Wohnungen sowie an der Fassade, bei Stiegen, in Garagen und Kellerabteilen hingewiesen. Höller vermutet, dass die Schwarzdeckung auf Balkonen unzureichend gemacht worden ist. "Den Mietern wird aber oft nur mitgeteilt, dass sie falsch lüften." Diese Erfahrung mussten auch die Mieter in Floridsdorf machen, sagt Sekerlioglu - ehe sie aktiv wurden. (David Krutzler, DER STANDARD, 22.4.2014)