Exaltierte Studien und Pseudo-Geländegänger dominieren die Show in Peking. Der größte Automarkt der Welt will gefüttert werden, auch und vor allem mit deutscher Premium-Ware

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Großes Tandaradei anlässlich der Eröffnung der "Auto China" in Peking. Und das nicht ohne Grund: Schließlich ist das sogenannte Reich der Mitte seit kurzem der wichtigste Automarkt der Welt. Knapp 16 Millionen Fahrzeuge wurden im vergangenen Jahr abgesetzt, für 2014 werden zwei Millionen Einheiten mehr prognostiziert. Beeindruckende Zahlen, die die regelmäßigen Smog-Alarme in den chinesischen Millionen-Metropolen zur chronikalen Randnotiz verkommen lassen.

Foto: ap/Ng Han Guan

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Wer in Peking angesichts des chronischen Umwelt-Notstands nach schlauen Citycar-Lösungen oder effizienten alternativen Antriebskonzepten sucht, wird vor allem enttäuscht: Es gibt sie - aber das Gros der insgesamt 1100 Fahrzeuge, die in den Messehallen zu bewundern sind, zelebrieren die akute Goldgräberstimmung. Groß, klobig, SUV, lautet in erster Linie die Devise. Sehr schön zeigt das dieses holzschnittartige Gerät von BAIC, einem Kooperationspartner von Mercedes und Hyundai.

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Diese Studien aus dem gleichen Hause geben es nur einen Hauch mildtätiger. Der Trend zum Lifestyle mit Militaria-Appeal hat auch China voll erfasst.

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Beim chinesischen Hersteller Hongqi hingegen setzt man auf eine Art Bonzen-Retro. Was Wunder: die Marke - Hongqi heißt übersetzt "Rote Fahne" - bediente bis in die 1980er die Partei-Elite mit ihren Sänften.

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Vor allem die deutschen Premium-Hersteller sind am chinesischen Markt gefragt. Längst hat die europäische Autonation Nummer eins auf die Frohbotschaft reagiert, neue Dependancen werden quasi im Wochentakt hochgeziegelt, wer sich gefragt hat, warum am Autosalon in Genf so wenige echte Highlights zu sehen waren, bekommt in Peking die Antwort: Hier stehen sie.

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BMW etwa zeigt in Peking - und nicht etwa auf der zeitgleich stattfindenden Automesse in New York -, wie sich die Bayern ihre Redefinition der Luxus-Limousine vorstellen. "Vision Future Luxury" nennt sich die entsprechende Studie, die in ihrem Inneren alles bereit hält, um dem Entrepreneur der Zukunft zu schmeicheln. Vollelektrifizierte Leder-Fauteuils, allerlei Kommando-Displays und geschmackvolle Farb-Kombinationen sind in dieser Mission aufgerufen. Gegenläufig öffnende Türen erleichtern Zu- und Ausstieg.

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Optisch überträgt der Riegel aktuelle BMW-Designthemen in Richtung feisten Feudalismus. Ein schlaues Leichtbaukonzept (Carbon plus Aluminium) sorgt dafür, dass der Neue doch nicht zu dick aufträgt. Die schmalen Scheinwerfer-Schlitze an der Front des "Vision Future Luxury" beherbergen den letzten Schrei in Sachen Lichttechnologie: Laserbeamer.

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Die Limousine mit der Coupé-Silhouette könnte Vorbild für die Neuauflage der 7er-Oberklasse oder einer möglichen Über-Klasse, also einen 9er sein.

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Beim Rivalen Mercedes hat man sich offenbar vom Auftritt des BMW X6 überzeugen lassen und stellt den entsprechenden Gegenentwurf ins Rampenlicht. Nennt sich Concept Coupé SUV und nimmt den kommenden MLC vorweg.

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Der M-Klasse-Ableger soll bis 2015 auf den Markt kommen. Mit einer Länge von knapp fünf Metern und zwei Metern Breite hält sich der Lifestyler nicht lange mit Understatement auf.

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Der künftige MLC ist Teil einer Modell-Verästelungsstrategie, die sich Mercedes auferlegt hat. Bis 2020 sollen zwölf völlig neue Modelle zur Serienreife gebracht werden.

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Audi (und Konzern-Chef Rupert Stadler) sehen das ähnlich. Auch hier ploppen dynamisierte SUVs aus dem Messehallenboden, konkret das TT Offroad Concept. Das verweist auf eine geländeaffine Variante des Alltagssportlers TT, wird aber in der Realität wohl eine neue Q3-Spielart geben.

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Mit 4,39 Metern Länge hat die Studie nahezu das gleiche Format wie der aktuelle Q3, das Concept setzt auf einen 2-Liter-TFSI-Ottomotor mit zwei E-Motoren. Letztere können an jeder Steckdose aber auch induktiv, also kontaktlos, aufgeladen werden. In Summe stehen 408 PS Systemleistung zur Verfügung, im E-Betrieb gefahren gehen sich maximal 50 Kilometer Reichweite aus.

Foto: audi

Audi-Mutter Volkswagen hat in China einiges vor: Zum einen setzen die Wolfsburger hier auf auf eine Elektro- und Hybridantriebsoffensive (2015 starten in China der Audi e-tron und der Golf GTE). Zum anderen zeigt VW in Peking einige Weltpremieren, wie etwa das New Midsize Coupé (NMC). Im Vergleich zu den ersten Skizzen, die kurz vor Messe-Start ausgegeben wurden, ist den Designern auf dem Weg zur Realität ein wenig der Mut ausgegangen.

Foto: volkswagen

Die 4,6 Meter lange Studie liefert zumindest einen Ausblick, wie sich VW das sportlich angehauchte Limousinen-Thema an der Schnittstelle zwischen Golf und Passat vorstellt. Das NMC ist ein dynamisiertes Jetta-Derivat, das sich dank des modularen Querbaukastens auch rasch umsetzen ließe. Doch bislang fehlt aus Wolfsburg noch das "Go".

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Ungleich dramatischer geht die Sache der Golf R400 an. Dessen 400 PS und 450 Nm werden per Allrad-Antrieb auf Asphalt übersetzt. In 3,9 Sekunden schießt der Traum des Basecap-Checkers auf Tempo 100.

Foto: apa/bentsch

Doppel-Endrohr, ein Heckflügerl und ausgestellte Backen verhelfen dem Einzelstück mit der WRC-Genetik zu einem standesgemäßen Auftritt. Wird der garantierte Show-Stopper beim diesjährigen GTI-Treffen am Wörthersee. Supergeil, Oida.

Foto: volkswagen

Bei Toyota hingegen will man BMW, Mercedes, Land Rover oder Audi nicht mehr länger dabei zusehen, wie die sich den Markt der anspruchsvollen Kompakt-SUVs untereinander aufteilen. Die entsprechende Ansage kommt von Lexus, heißt NX, und debütierte in Peking.

Foto: toyota

Der Kompakte mit dem Mut zur Kante läuft bis Ende des Jahres auf. Die Plattform teilt sich der NX mit dem Toyota RAV4, zur Wahl werden wohl Front- oder Allradantrieb stehen. Mit einer Vollhybrid-Version namens NX300h sollte fix gerechnet werden.

Foto: toyota

Und nun zu etwas, womit Sie eher nicht fix rechnen sollten: Mit diesem Interieur als Ihrem persönlichen Eigentum. Selbiges gehört zu einem Rolls-Royce Pinnacle Travel Phantom, den die Engländer anlässlich der Pekinger Show mit dem Allerfeinsten aus der hochindividuellen Bespoke-Ausstattungslinie aufgeladen haben. So verwandeln etwa diese aus 230 Einzelstücken gefertigten Edelholz-Intarsien ein Armaturenbrett in ein Kunstwerk.

Foto: rolls-royce

Auch in der hinteren Komfortzone darf gutes Handwerk bewundert werden: Für die Verzierungen in den Türen sind 24.633 Einzelstiche vermerkt. Es gibt angeblich Menschen, die das nachprüfen.

Foto: rolls-royce

Inklusive Rolls-Royce Phantom und anderen Beigaben (morelloroter Lammwollteppich, weiße Seidenpölsterchen, Zweifarb-Lackierung mit liebevollen grafischen Petitessen) kommt der "Unlimited"-Royce auf knapp 800.000 Euro. Ihr Chauffeur wäre Ihnen dafür sicher dankbar. (sts, derStandard.at, 22.4.2014)

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13th Beijing International Automobile Exhibition

Foto: rolls-royce