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Marine Le Pen, Präsidentin des Front National, hat für den "harten Chef" Putin viel Bewunderung übrig.

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Wladimir Putin schimpft derzeit gerne über Antisemiten und Faschisten. Zumindest Frankreichs extreme Rechte fühlt sich dadurch aber nicht angesprochen - im Gegenteil: Der Front National (FN), dessen Mitglieder immer wieder wegen rassistischer Äußerungen vor Gericht stehen, applaudiert dem russischen Präsidenten heftig.

FN-Präsidentin Marine Le Pen besuchte Moskau kürzlich zum wiederholten Mal, um ihrem Idol Unterstützung zu signalisieren. Sergei Narischkin, der Parlamentspräsident der Duma, pries ihr gegenüber die "vielen Gemeinsamkeiten" - was noch tiefgestapelt war: Le Pen liegt in Sachen Ostukraine auf der genau gleichen Linie wie Putin, verlangt sie doch ebenfalls eine Föderalisierung des Landes.

Zum völkerrechtswidrigen Krim-Referendum hatte Le Pen ihren diplomatischen Berater Aymeric Chauprade entsandt. Der Verfechter wilder Komplotttheorien zu den New Yorker Anschlägen des 11. September 2001 macht dort eine "strategische Aggression" aus - aber nicht etwa durch prorussische Tarnanzugträger, sondern durch den Westen. Als weiterer "Wahlbeobachter" aus Frankreich fungierte ein gewisser Luc Michel, früher Mitglied der Neonazi-Vereinigung Fane.

Putins "Magnetismus"

Le Pen kritisiert regelmäßig die "Einmischung" Brüssels, Berlins und Washingtons in der Ukraine - während sie die russische Truppensammlung an der Grenze geflissentlich übersieht und Putin die "Wahrung des Völkerrechts" zubilligt. Eine solche Verdrehung der Fakten erklärt sich gemäß dem Pariser Onlineportal Slate mit einem "Magnetismus", den Putin auf Europas rechtsextreme Parteien - darunter auch Ungarns Jobbik und Griechenlands Goldene Morgenröte - ausübe. Die in den letzten Monaten noch gewachsene Bewunderung Le Pens gelte einem "harten Chef und Patrioten", der sich nicht scheue, gegen die Feindbilder EU und USA anzutreten.

Die Russlandexpertin Françoise Daucé erklärte die Faszination der europäischen Rechten für Putin zudem mit einer "gesellschaftspolitischen Dimension sowie moralischen Werten wie: Christentum, Schutz der Familie, Kampf gegen die Homo-Ehe". Angesichts der vielerorts aufflammenden Russophilie meint der Historiker Benoît Rayski sarkastisch, Le Pen könne ja gern wie der Schauspieler Gérard Depardieu die russische Staatsbürgerschaft beantragen.

Sympathie für Kremlkurs

Offiziell verfolgt Frankreich unter Präsident François Hollande die gleiche Linie wie Washington und Brüssel. Pro-Putin-Stimmen finden sich allerdings in allen politischen Lagern. Die bekannte Russologin Hélène Carrère d'Encausse drückt ihre Sympathie für den Kremlkurs vorsichtig aus: "Putin hat einen Sinn für Geschichte." Und der ehemalige sozialistische Verteidigungsminister Jean-Pierre Chevènement meint, der einzige Vorteil der EU-Sanktionen gegen Moskau bestehe darin, dass sie "leicht rückgängig zu machen" seien.

Sonst halten sich die Russlandfreunde in den Großparteien mehr und mehr zurück, seitdem sich das Krim-Szenario in der Ostukraine zu wiederholen beginnt. Der sozialistische Ex-Außenminister Hubert Védrine oder der bürgerliche Ex-Europaminister Laurent Wauquiez plädieren nur noch diskret dafür, den Dialog mit Russland aufrechtzuerhalten.

Deutsche auffällig still

Auch in Deutschland sind diejenigen, die Verständnis für Putin geäußer haben, seit den neuen Unruhen auffällig still. Altbundeskanzler Helmut Schmidt hatte Ende März noch beklagt, dass die westlichen Staaten mit ihrer Hysterie Russlands Einverleibung der Krim geradezu herausgefordert hätten. Gerhard Schröder, Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer überboten sich ebenfalls mit Erklärungsversuchen, warum Putin letztlich gar keine andere Wahl gehabt hätte und Dialog die einzige Option sei.  (Stefan Brändle aus Paris Teresa Eder, DER STANDARD, 19.4.2014)