Edel sei der Mensch, hilfreich und gut! Was Johann Wolfgang von Goethe vor 230 Jahren als "Das Göttliche" im Menschen gesehen hat, erscheint heute den meisten Österreichern als ausreichend, um einen guten Christen zu identifizieren. In der aktuellen Market-Umfrage für den STANDARD nennen es 84 Prozent wichtig für einen Christen, "dass man gut zu anderen Menschen ist" – aber nur 51 Prozent sehen es als genuin christlich an, dass man an die Auferstehung Christi glauben muss, um Christ zu sein. 41 Prozent sagten sogar ausdrücklich, dass ein Christ nicht unbedingt an Christus glauben muss.

Unter den bekennenden Christen, die von sich selber sagen, dass sie in der Kirche engagiert wären, ist das Bild des guten Christen zwar enger gefasst, doch auch in dieser Gruppe sagt etwa jeder Fünfte, dass man nicht an die Auferstehung glauben muss, um als Christ zu gelten.

Christliches Selbstbild

Eine nähere Analyse der Daten zeigt: Die engagierten Christen halten die Einhaltung der Fastengebote für ähnlich unwichtig wie der Rest der Bevölkerung. Sie meinen ähnlich wie der Rest der Bevölkerung, dass man sich nicht unbedingt an die Vorgaben des Papstes oder des Pfarrers halten müsse. Auch der regelmäßige Messbesuch ist nichts, was als unabdingbares Kennzeichen des Christen gesehen wird.

Den engagierten Christen ist es überdurchschnittlich wichtig, die Kinder im christlichen Glauben zu erziehen – gleichzeitig sagen sie aber auch in höherem Maß als andere, dass man  allen Menschen vorurteilsfrei begegnen und Gutes tun soll.

Ärger über die Kirche

Bekanntlich ärgern sich viele Österreicher über manche Vorgänge in der Kirche – der STANDARD wollte daher wissen, ob es einen guten Christen ausmacht, "dass man nicht aus der Kirche austritt, auch wenn man sich manchmal ärgert". 34 Prozent halten das für wichtig, 53 Prozent für unwichtig. Eine Mehrheit dafür, trotz allem in der Kirche zu bleiben, gibt es nur bei jenen, die sich als engagiert in der Kirche bezeichnen. Aber auch in dieser Gruppe sagt eine Mehrheit, dass man als guter Christ nicht unbedingt den Kirchenbeitrag zahlen müsse.

(Conrad Seidl, derStandard.at, 19.4.2014)