Wien - Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek steht zwischen den Fronten. Auf der einen Seite reißt der Ärger über Einsparungen an den Schulen gerade in der eigenen Partei nicht ab - der Protest reicht von Abgeordneten bis zu Schülervertretern, die am nächsten Mittwoch das Ministerium belagern wollen. Auf der anderen "streiken" auch die Landeshauptleute: Sie wollen ein Diktat der Ressortchefin nicht hinnehmen.
Naturgemäß geht es dabei ums Geld. An sich bezahlt der Bund die Pflichtschullehrer, die von den Ländern eingesetzt werden. Allerdings überziehen alle Landesregierungen den vorgegebenen Stellenplan - im laufenden Schuljahr voraussichtlich um 1580 Posten (siehe Grafik). Bislang zahlten die Länder pro überzähligen Lehrer 40.000 Euro, doch das ist der Ministerin zu wenig. Per Verordnung will sie die Pauschale auf 60.000 Euro anheben - und so für ihr Budget 30 Millionen gewinnen.
Schwarze Verärgerung
Ablehnung kommt aus beiden Koalitionsparteien. Neben Kärntens rotem Landeshauptmann Peter Kaiser, der eine Verwaltungsklage androht, steigt auch die schwarze Regierung Niederösterreichs auf die Barrikaden. Sie werde den Einschnitt nicht widerstandslos hinnehmen, kündigt Landesrätin Barbara Schwarz an: "Ich hätte mir von der Ministerin ein Gespräch in Ruhe erwartet, statt eine Verordnung zu erlassen, die Kosten auf dem Rücken anderer verursacht.
An die zehn Millionen würde der neue Tarif Niederösterreich kosten, zumal das Land den Stellenplan besonders stark überzieht. Warum, erklärt Landesschulrat Hermann Helm damit, dass es auf einem großen Gebiet eben mehr Personal brauche, um halbwegs nahe Schulen anbieten zu können: "Wir wollen Kinder nicht zu Frühpendlern machen, die um halb sechs auf der Straße sein müssen." Bei vergleichbarer Schülerzahl brauche Niederösterreich mit über 1000 Standorten deshalb mehr als doppelt so viel wie Wien, das mit 450 auskommt.
Einen "Griff in die Tasche der Länder" wirft Helm der Ministerin vor. Schließlich beschäftige das Land 800 Junglehrer, die unter 40.000 Euro verdienten - darunter eben jene Kräfte, die bei Bedarf über den Stellenplan hinaus verwendet würden: "Dass die Länder für diese Lehrer nun mehr zahlen sollen, als sie kosten, ist unseriös."
In den Kreis der landeshauptmännlichen Gegner reihen sich auch Josef Pühringer (Oberösterreich) und Hans Niessl (Burgenland) ein. Letzterer ist derzeit Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz und wird, wie es aus seinem Büro heißt, beim nächsten Treffen am 20. und 21. Mai einen besonderen Gast begrüßen: Bildungsministerin Heinisch-Hosek.
Rote Verteidigung
SPÖ-Klubchef Andreas Schieder schritt schon jetzt zur Verteidigung. Die verschärften Vorschriften rechtfertigt er als "Controlling" der Lehrerkosten in den Ländern, das mehr Effizienz verspreche. Zu den Einsparungen, die den Schulen größere Klassen und weniger Teamteaching zu bescheren drohen: Bei einem Bildungsbudget von acht Milliarden sei ein Einschnitt von 60 Millionen im Jahr nur ein kleiner Teil.
Viele Genossen sehen das weniger entspannt. Mehrere Nationalratsabgeordnete melden Einspruch an, die Oberösterreicherinnen Daniela Holzinger ("staatlicher Zukunftsraub") und Marianne Gusenbauer-Jäger ebenso wie Bildungssprecherin Elisabeth Grossmann aus der Steiermark: Sie will die Sparpläne "so nicht hinnehmen" und "nichts unversucht lassen", diese noch zu ändern. Baugewerkschaftschef Josef Muchitsch, ebenfalls Parlamentarier, sagt dem Standard: Es sei für die SPÖ "politisch fahrlässig", im Gegenzug zu den staatlichen Zahlungen an die Hypo bei der Bildung zu sparen. "Wann, wenn nicht jetzt, sollte die SPÖ mit der ÖVP über die Erbschafts- und Vermögenssteuern reden?"
Noch schärfer urteilt Walter Kröpfl, SP-Klubchef im steirischen Landtag: "Ein faules Osterei legt Frau Bundesministerin unseren Kindern in das Osternest! Die Kürzungen treffen die Schwächsten in unserer Gesellschaft und werden sich auf die Zukunft der Kinder äußerst negativ auswirken." Drei SPÖ-Sektionen - aus Wien, Linz und Wilten - haben im Internet eine Petition aufgesetzt. Unter den Forderungen: Vermögenssteuern statt Kürzungspolitik. (Gerald John, Walter Müller, DER STANDARD, 18.4.2014)