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Seit fünf Jahren Bullenmarkt, doch die Fondsbranche hat die Abflüsse der Krisenjahre noch nicht wettgemacht

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EAM-Geschäftsführer Heinz Bednar

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Wien - Die Aktienhausse hat ihr fünfjähriges Bestehen gefeiert, doch in der heimischen Fondsbranche ist der Boom kaum angekommen. Der Anteil der Aktienfonds beträgt knapp 15 Prozent, vor der Krise 2007 waren es noch 18 Prozent, die Kapitalabflüsse der Jahre 2007 und 2008 wurden noch nicht wieder wettgemacht. Laut Zahlen des Branchenverbandes VÖIG sind seit 2009, dem Beginn der Kapitalmarkterholung, 5,67 Milliarden Euro aus Publikumsfonds abgezogen worden. Im selben Zeitraum hat ein gemischtes Portfolio aus 50 Prozent globalen Aktien und 50 Prozent globalen Anleihen für einen Euro-Investor aber immerhin 68,7 Prozent Rendite gebracht, 11,7 Prozent pro Jahr, zeigt eine Auswertung von Morningstar für den Standard.

STANDARD: Seit fünf Jahren ist ein Kapitalmarkt-Boom im Gang, die heimischen Anleger bleiben aber aktienscheu, und die Fondsbranche sieht sich einem Nullsummenspiel gegenüber. Was läuft falsch?

Bednar: Das muss man relativieren. Es hat in einigen Bereichen wie dem institutionellen Fondsgeschäft schon Wachstum gegeben, aber es war sicher nicht das Wachstum, das man angesichts des Kapitalmarktes hätte erwarten können. Beim Privatkunden gibt es aber eine sehr verhaltene Haltung gegenüber Aktien. Das kennen wir in Österreich, das ist einfach so. Die politische Debatte hat auch nicht dazu beigetragen, daran etwas zu ändern. Im Gegenteil: Der Aktienmarkt wurde eigentlich als diabolisch abgestempelt. Doch mit sicheren Renten wird man langfristig, über die nächsten fünf bis zehn Jahre, nicht viel Geld verdienen. Staatsanleihen werden nicht die heißen Performer sein. Auch die Unternehmensanleihenmärkte sind bereits weit gelaufen. Der Schritt in die Aktien fehlt daher ein wenig.

STANDARD: Was ziehen Sie daraus für eine Konsequenz, dass die aussichtsreichen Anlagen derzeit stark unterinvestiert sind?

Bednar: Wir müssen als Branche klarmachen, was die mittel- bis langfristig risikoärmsten Veranlagungen sind. Das sind fast immer gemischte Portfolios. Es braucht jedenfalls eine Aktienkomponente. Das kann man am einfachsten dem Kunden vermitteln, wenn man gemischte Portfolios anbietet. Das ist der Weg.

STANDARD: Aber auch Mischfonds haben ihre Risiken.

Bednar: Wir schlagen einem Kunden ja nicht vor, dass er alles andere verkaufen und nur noch in Aktien investieren soll. Aber Mischfonds mit einer aktiven Steuerung können gewisse Risiken vermeiden. Wenn es gut läuft, ist man als Investor zwar nicht voll bei der Aufwärtsbewegung am Aktienmarkt dabei, aber wenn es runtergeht, sollte man besser abschneiden. Das ist den Kunden wichtig.

STANDARD: Und was ist Ihnen wichtig? Was steht etwa an der Regulierungsfront an?

Bednar: Dieses Jahr ist es AIFMG (Alternative-Investmentfonds-Manager-Gesetz, Anm.). Es gibt noch keine KAG, die eine Konzession hat. Die Anträge werden gerade eingereicht. Ein großer Teil der KAGs und die Immo-KAGs werden eine Konzession benötigen. Das ist für dieses Jahr der größte Aufwand, weil wir nach Erlangen der Konzession eine Reihe von neuen Reportings zu erbringen haben, und wir wissen noch nicht einmal, wie die aussehen sollen.

STANDARD: Aber der zusätzliche Aufwand ist doch auch mit mehr Sicherheit für die Kunden verbunden?

Bednar: Im Prinzip schon. Aber es gibt konkrete Probleme: Wir müssen etwa den Kunden zwei verschiedene Informationen über das Risiko mitteilen, aus zwei verschiedenen Regelwerken. Da versuchen wir natürlich, dass die Kunden diese Widersprüche nicht spüren, weil das ja eher zu Verwirrung führt.

STANDARD: Mögliche Verwirrung kritisiert etwa die Arbeiterkammer, viele Dokumente seien zu komplex für die Konsumenten.

Bednar: Teilweise ist die Sprache für uns vorgegeben, sonst setzt man sich der Kritik der Aufsicht aus. Natürlich sind viele der Informationen, die wir geben müssen, für den Konsumenten schwer nachvollziehbar. Man wird auf der Straße wenig Leute finden, die wissen, was ein Value at Risk ist (Risikokennzahl für den maximal erwarteten Verlust, Anm.). Es ist zweifelhaft, was die Dokumente für den Privatkunden bringen.

STANDARD: Aber die europäischen Regeln sind wenigstens harmonisiert. Damit können Sie auch in anderen europäischen Ländern expandieren. Ein Vorteil?

Bednar: Absolut. Wir sind schon länger in Deutschland sehr aktiv. Hier überlegen wir auch stärker ins Retailgeschäft zu gehen, das wird natürlich mit der Harmonisierung leichter. Aber man muss sich genau überlegen, wohin man expandiert, je nach Wirtschaftsdynamik, Pensionssystem, Risikoaffinität oder Kundenstruktur. Deutschland ist wirklich interessant, nicht nur wegen der Größte des Marktes.

STANDARD: Die private Vorsorge ist eine der Baustellen, die Regierung will sie attraktiver machen. Welche Reformschritte halten Sie für nötig?

Bednar: Die Politik sollte die Möglichkeit schaffen, dass Kunden mit einem längeren Veranlagungshorizont ein Portfolio als Vorsorge kennzeichnen können. Wenn klar ist, dass es sich um Investment in die Zukunft handelt, das auch staatliche Sozialsysteme entlastet, sollte es einen steuerlichen Anreiz geben.

STANDARD: Da kommt die Gegenfrage, wieso denn Kapitalmarktspekulation gefördert werden soll.

Bednar: Wir reden ja nicht von Förderung. Wenn man dem Geld ein Mascherl überzieht und es zehn oder mehr Jahre nicht antastet, sollten die Gewinne steuerfrei sein. Wenn ich es vorher entnehme, wird es voll besteuert. Man könnte das Geld ja auch für Zwecke binden, etwa die Bildung der Kinder oder für die Pension. Momentan wird das Pensionsthema ja kaum diskutiert, weil man lieber die Hypo diskutiert. Aber Pensionen sind ein Thema, das wir uns nicht ersparen werden. (Lukas Sustala, DER STANDARD, 17.4.2014)