Valencia - Hoch oben auf der Tribüne des Mestalla-Stadions von Valencia verlor sogar Cristiano Ronaldo sämtliche Hemmungen. Im feinen Zwirn und mit lässiger Basecap bejubelte der verletzte Weltfußballer frenetisch und völlig ausgelassen das "einzigartige Gigantentor" von Gareth Bale. Ein Sprint über das halbe Feld in der 85. Minute, ein frecher Abschluss, und der 2:1-Erfolg von Real Madrid im Cupfinale gegen den Erzrivalen FC Barcelona war perfekt.
Während die Königlichen ihren ersten Titel seit 595 Tagen ausgiebig feierten, verließ Barça-Star Lionel Messi wortlos und frustriert den Ort der Wachablöse. Real hingegen träumt weiter vom ersten Triple der Vereinsgeschichte. Dank 91-Millionen-Mann Bale, möglicherweise hat er auch 100 Millionen Euro gekostet. Ganz sicher hat er den Begriff "Schnelligkeit" neu definiert.
"Das war definitiv sein wichtigstes Tor im Trikot von Real Madrid", sagte Trainer Carlo Ancelotti nach dem Prestigesieg im Clasico, an dem der 24-jährige Waliser mit seiner One-Man-Show den maßgeblichen Anteil hatte. Teamkollege Xabi Alonso sprach von einem "unglaublichen und fantastischen" Treffer. "Es sah so aus, als ob der Ball ins Aus rollt", sagte der spanische Nationalspieler, "und dann holt er ihn und macht einfach das Tor."
Ganz so einfach war es dann doch nicht. Nach einer missglückten Flanke von Messi aber schaltete Madrid blitzschnell um: An der Mittellinie übernahm Bale den Ball, ließ Marc Bartra, der in der 68. Minute Madrids Führung durch Ángel di María (11.) ausgeglichen hatte, wie einen Anfänger stehen und düpierte zur Krönung noch Barcelonas Schlussmann José Manuel Pinto mit einem Beinschuss vulgo Gurkerl. Für Bale war es nach dem englischen Ligacup 2008 mit Tottenham erst die zweite Trophäe seiner Karriere. "Ein Traum, das Team hat sensationell gearbeitet." Samt Pokal flog die Real-Truppe zurück nach Madrid, wo man mit 70.000 Fans den Titelgewinn traditionell beim Cibeles-Brunnen feierte. Die nächtliche Party verlief ohne gröbere Zwischenfälle, 47 Personen mussten wegen Schwindelanfällen oder kleinerer Wehwehs von den Sanitätern versorgt werden.
Weitere Chancen
Zwei weitere Feiern sollen in den nächsten Wochen folgen, in der Liga (drei Punkte Rückstand auf Atlético Madrid) sowie in der Champions League (Halbfinale gegen Bayern München). "Den ersten Titel haben wir geholt, die zwei weiteren Chancen wollen wir ebenfalls nutzen", sagte Bale. Sollte der Coup gelingen, würde man als zweites spanisches Team nach Barcelona in der Saison 2008/09 dieses Triple erobern.
Die Madrider Hausblätter, nicht gerade für ihre Zurückhaltung bekannt, huldigten den Matchwinner daher überschwänglich. "Bale ist der Pokalkönig. Er entscheidet das Finale mit einem einzigartigen Gigantentor", titelte die As. "Meisterlich!" war Bales Auftritt hingegen für die Marca: "Das war ein Rennen für das ganze Leben, ein imposanter Lauf des Prinzen von Wales", und vor allem: "Das Ende der triumphalen Katalanen".
Ganz so weit wollte Barcelonas schwer in die Kritik geratener Trainer Gerardo Martino aber noch nicht gehen. Nach zwei Ligaerfolgen in dieser Saison gegen den Erzrivalen symbolisiere die Niederlage "natürlich einen sehr traurigen Moment". Da vor allem Messi, aber auch andere Stars wie Neymar oder Xavi derzeit allerdings nicht ihr Leistungsmaximum erreichen, sei noch "jede Menge Luft nach oben und viel Leben in der Mannschaft", versprach der Argentinier, "und unzählige Chancen auf Titel".
Für diese Spielzeit gilt dies freilich nicht. Nach dem Aus im Viertelfinale der Champions League gegen Atlético geriet Barça durch die Pein in Granada (0:1) auch in der Liga weiter ins Hintertreffen. Nun sorgte ausgerechnet Real für den vorläufigen Tiefpunkt. "Für die Fans tut es mir besonders leid. Aber Barça wird in den letzten Spielen nochmal alles geben", sagte Martino. Als seine Nachfolger werden bereits Jürgen Klopp und Joachim Löw gehandelt. Aber wirklich nur gehandelt. (sid, red, DER STANDARD, 18.4.2014)