Einzelgängerin mit vierbeiniger Begleitung: Mia Wasikowska als Wüstenwanderin Robyn Davidson.

Foto: polyfilm

Wien - Manche Gesichter tauchen auf der Leinwand auf, und man hat den Eindruck, man kenne sie schon seit vielen Jahren. Die Miene von Mia Wasikowska, wenn sie die Augen ein bisschen zusammenkneift, vorsichtig lächelt, dann wieder ins Leere blickt, zum Beispiel. Dabei ist die inzwischen 24-jährige, in Canberra geborene und aufgewachsene Schauspielerin noch ein relativer Neuling im Weltkino. Nach ersten, zum Teil preisgekrönten Rollen in australischen Filmen stand sie für die TV-Serie In Treatment erstmals in den USA vor der Kamera.

Die Jahre 2010/2011 markierten ihren internationalen Durchbruch. Wasikowska spielte die Titelfigur von Tim Burtons Alice im Wunderland, sie war in The Kids Are All Right von Lisa Cholodenko zu sehen und in Cary Fukunagas Jane Eyre-Adaption: ein Hightech-Ausstattungsspektakel in 3-D, ein Gegenwartsdrama mit Indie-Appeal und ein - gleichwohl schlichter - Kostümfilm, und auf jedem Terrain agierte die junge Darstellerin mit größter Selbstverständlichkeit. Seither arbeitete sie unter anderem mit Gus Van Sant zusammen, und in Jim Jarmuschs Only Lovers Left Alive konnte sie sich zuletzt mit einem kurzen Auftritt als Jungvampir-Nervensäge neben Tilda Swinton und Co locker behaupten.

In Spuren/Tracks tritt Wasikowska buchstäblich in die Fußstapfen einer anderen Australierin: Die spätere Reiseautorin Robyn Davidson beschloss in den 1970er-Jahren, damals selbst erst Anfang zwanzig, ganz allein von Alice Springs aus das riesige Gebiet bis zur Westküste zu durchqueren. Die Expedition erforderte ausführliche Vorbereitung - nicht nur wegen der extremen Bedingungen in der Wüste oder der rund 3000 Kilometer Wegstrecke, die vor Davidson lagen: Sie musste vor allem den Umgang mit Kamelen lernen, die sie als Lasttiere brauchte, und Geld verdienen, um mehrere Tiere kaufen zu können.

Das Buch, das sie 1980, nach der geglückten Umsetzung ihres Vorhabens, veröffentlichte, hat US-Regisseur John Curran 2013 fürs Kino aufbereitet. Spuren beginnt an dem Punkt, als die junge Frau auf einer entlegenen Farm Arbeit findet. Wasikowska verkörpert die "Nomadin von Natur aus" entschlossen: Robyn ist zäh, stur auf ihren Plan fixiert. Ihr Wüstentrip ist auch ein bewusster, vorübergehender Rückzug aus der Gesellschaft. Andere Menschen können schnell einmal nerven. Kamele auch, allerdings scheint Robyn dieses (existenzielle) Kräftemessen mehr zu genießen.

Einen Teil ihrer Unkosten konnte Davidson seinerzeit decken, indem sie über ihre Reise für das US-Magazin National Geographic berichtete. (Den dafür engagierten Fotografen, der an bestimmten Punkten mit der einsamen Wanderin zusammentrifft, um den Fortgang ihrer Reise zu dokumentieren, spielt Adam Driver.) Leider wirkt der Film selbst immer wieder wie eine Fotostrecke. Und leider hält sich die Erzählung an die Konventionen handelsüblicher Spannungsdramaturgie. In die Filmografie von Wasikowska passt die eigensinnige Abenteurerin aber hervorragend. (Isabella Reicher, DER STANDARD, 18.4.2014)