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Blick von der neuen EZB-Zentrale auf die Skyline von Frankfurt

Foto: ap/lohnes

Wien - Werden Europas Banken sicherer, oder ist alles ein Placebo für frustrierte Steuerzahler? Am Tag nach dem Beschluss der umfassendsten Finanzreform der vergangenen Jahre durch das Europaparlament entflammte unter Ökonomen eine hitzige Debatte über die Konsequenzen der neuen Finanzarchitektur.

Künftig sollen Investoren von Banken zur Kasse gebeten werden, wenn Institute in Schieflage geraten. Eine bei der Europäischen Zentralbank (EZB) angesiedelte Behörde wird darüber mitbestimmen, wie mit großen Pleitebanken umzugehen ist. Doch Experten kritisieren die Übereinkunft als wirkungslos: "Zu glauben, Steuerzahler werden bei Bankenkrisen künftig nicht einspringen müssen, ist eine Riesenillusion", sagt Ökonom Paul De Grauwe von der London School of Economics im STANDARD-Gespräch.

Mehr Transparenz in USA

So sei der Bankennotfallfonds aberwitzig klein: 55 Milliarden Euro sollen Institute in den Fonds einzahlen. Mit dem Geld könne man gerade zwei Großbanken retten. Zu komplex sei auch die Entscheidungsstruktur: Mitspracherecht bei Bankenabwicklungen haben EZB, EU-Kommission und einzelne Länder, was dazu führen werde, dass Entscheidungen zu lange dauern, warnt De Grauwe.

Ein anderes und viel generelleres Problem der Finanzaufsicht in Europa sehen die Ökonomen Christopher Gandrud und Mark Hallerberg. Europas Aufseher agieren viel zu intransparent, schreiben die beiden in einem Papier des Brüsseler Forschungsinstituts Bruegel, daran werde auch die Neuorganisation nichts ändern. Die Ökonomen haben sich die Transparenzstandards der Aufseher in den 28 EU-Ländern angesehen und mit dem Regime in den USA verglichen.

In den USA sind Banken verpflichtet vierteljährlich umfassende Berichte an die Aufsichtsbehörde FFIEC zu übermitteln. Auf der Webseite der Behörde sind die Infos prompt für jede einzelne Bank abrufbar. Ausgewiesen wird etwa die Entwicklung des Eigenkapitals, die Zahl der faulen Kredite im In- und Ausland oder die Aktiva der Bank nach einzelnen Kategorien.

Vertrauliche Sitzungen

Ähnliche Informationen veröffentlichen in Europa nur fünf Länder, darunter Finnland. In allen übrigen Staaten seien nur aggregierte Zahlen zu bekommen, die oft nur jährlich aktualisiert werden. Ebenso "bedenklich" sei, dass in einigen Staaten wie Österreich die genannten Informationen nicht nur nicht verfügbar sind, sondern auch unter Geheimhaltungspflichten fallen.

Ein weiteres Manko: Nun wurde zwar festgelegt, dass Vertreter der EZB bei jährlich zwei Anhörungen im EU-Parlament erscheinen müssen. Im Gegensatz zu ähnlichen Befragungen in den USA seien die Sitzungen aber vertraulich und die EZB habe das Recht sich gegenüber den Abgeordneten auf Geschäftsgeheimnisse zu berufen.

Dabei wäre mehr Transparenz laut den Ökonomen essenziell, um die gesellschaftliche Kontrolle über die Aufseher, die hinter verschlossenen Türen arbeiten, zu stärken. Investoren würde eine Berichtspflicht mehr Einblick geben. Dies sei gerade wegen der künftig wirksamen Bail-in-Regel wichtig, die vorschreibt, dass Investoren im Falle einer Bankenschieflage mitzahlen müssen. (szi, DER STANDARD, 17.4.2014)