Wer Ali Baba hört, denkt vermutlich zuerst an die Figur aus der orientalischen Geschichtensammlung 1001 Nacht. Doch in der Wirtschaft hat der Name noch eine ganz andere Bedeutung. Hier geht es um das Märchen des Internet-Unternehmers Jack Ma. Der Chinese, der bis 1995 nie einen Computer gesehen hatte, baute innerhalb von 15 Jahren sein Online-Imperium Alibaba auf - eine Art chinesisches Amazon.

Der frühere Englischlehrer revolutionierte nebenbei den Handel und die Geschäftskultur in der Volksrepublik. Denn der Quereinsteiger brachte seinen Landsleuten das Internet nahe und erlebte dabei selbst einen kometenhaften Aufstieg, der ihn zum Multi-Milliardär machte. Zu seinem Konglomerat gehören das Internet-Auktionshaus Taobao, das Online-Kaufhaus TMall sowie das Zahlungssystem Alipay. Das berühmte Forbes-Magazin schätzt sein Vermögen auf 8,9 Mrd. Dollar (6,5 Mrd. Euro).

"Ich hatte bewiesen, dass das Internet existiert"

Die Anfänge waren allerdings mühsam. Ma begann 1995 in seinem kleinen Appartement damit, mit Hilfe von Freunden in den USA Internetseiten für chinesische Firmen aufzubauen. Das Projekt verlief äußerst schleppend. "Als wir endlich am Netz waren, habe ich Freunde und TV-Leute in meine Wohnung eingeladen. Bei der damals sehr langsamen Verbindung warteten wir dreieinhalb Stunden, um eine halbe Seite zu bekommen. Wir tranken, schauten Fernsehen, spielten Karten und warteten. Aber ich war so stolz. Ich hatte bewiesen, dass das Internet existiert", beschrieb er damals seine ersten Erfahrungen mit dem World Wide Web.

Seine nächste Idee aber brachte bereits den ersehnten Erfolg. 1999 gründete er mit weiteren 17 Mitstreitern und einem Startkapital von 60.000 Dollar Alibaba.com. Als Büro diente seine Wohnung in Hangzhou, knapp 200 Kilometer südwestlich von Shanghai gelegen. Alibaba wurde zur ersten Internet-Handelsplattform in China. In den nächsten 15 Jahren formte Ma trotz der Zensur in seinem Heimatland daraus einen Konzern mit rund 25.000 Mitarbeitern und 300 Millionen Kunden. Daheim wird er als "Bill Gates von China" verehrt - in Anspielung an den legendären Microsoft-Gründer.

"Es ist, weil ich sehe, dass jüngere Leute bei Alibaba bessere und genialere Träume haben als ich, und sie eher dazu in der Lage sind, eine Zukunft nach ihren Vorstellungen zu errichten"

2013 zog er sich als 48-Jähriger aus seinem Konglomerat zurück, um eine jüngere Generation ans Ruder zu lassen. "Es ist, weil ich sehe, dass jüngere Leute bei Alibaba bessere und genialere Träume haben als ich, und sie eher dazu in der Lage sind, eine Zukunft nach ihren Vorstellungen zu errichten", sagte Ma beim Stabwechsel. Er steht jedoch noch dem Verwaltungsrat beratend zur Seite. Außerdem ist er noch mit sieben Prozent am Unternehmen beteiligt. Ma hält mittlerweile Vorträge, in denen er Karriere-Tipps gibt. Teilweise wird er dabei wie ein Popstar gefeiert.

In den USA ist Ma bisher kaum bekannt. Mit dem bevorstehenden Börsengang seines Unternehmens in New York dürfte sich das jedoch ändern. Alibaba ist schon jetzt der weltgrößte Internet-Händler und dürfte bei seinem Börsengang gleich eine ganze Reihe von Rekorden knacken. Finanzprofis beziffern den Wert des Konzerns auf gut 100 Mrd. Euro und gehen davon aus, dass Alibaba beim Gang an die Wall Street mehr Geld einnimmt als Facebook 2012. Es wäre dann der größte Börsengang eines Technologie-Unternehmens aller Zeiten.(APA, 16.4. 2014)