Krenreiben ist nie zum Krenreiben.

Foto: Lukas Friesenbichler

Pro
Von Eric Frey

Kleine Religionskunde: Der Osterkren hieß ursprünglich Maror und ist das Bitterkraut, das am ersten Abend des jüdischen Pessachfestes gegessen werden muss, um an das Elend der Sklaverei in Ägypten zu erinnern. Als Kinder haben wir versucht, uns um das grausliche Zeug, das zwischen zwei Scheiben ungesäuertem Brot (Mazzot) gelegt wird, zu drücken. Heute halte ich es fast für das Beste des Abends - zumindest bis meine Mutter ihre Mazzesknödelsuppe, den Tafelspitz und die köstlichen Torten serviert.

Und nun zum Krenreiben: Ohne Reiben kein frischer Kren, da mögen die Augen noch so stechen und brennen. Da muss man durch, würde Christoph Winder sagen. Woher daher "Des is' zum Krenreiben" kommt, weiß nicht einmal Google: Krenreiben ist nie zum Krenreiben.

Das gilt auch für das Wort. Mögen nach Jahrzehnten der RTLisierung Paradeiser, Erdäpfel, Polster und Sessel verschwunden sein - der kurze, scharfe Kren wird weiterleben. Denn so ein deutscher Meerrettich ist nicht zu derreiben.

 

Kontra
Von Christian Schachinger

Das Wort Meerrettich kommt angeblich von der Mähre. Pferdehändler im Spezialgebiet Rosstäuschen verwendeten eine Krenwurze dazu, Schindmähren vor Verkaufsverhandlungen etwas lebendiger zu machen. Ähnliches sagt man auch dem Ingwer nach. Wie das gehen soll, wollen wir jetzt nicht näher erläutern - aber ein Pferd wird sicher nicht freiwillig eine Krenwurze essen. Soviel ist einmal sicher.

Der Volksglaube besagt außerdem, dass das Mitführen einer Krenwurze vor Hexen und Hunden schützt. Wenn man dank der Aufklärung einmal den Aberglauben und die Angst vor Frauen überwunden hat, bleibt als Pluspunkt, dass sich die Hunde fürchten. Ein berückender Gedanke.

Kren enthält außerdem mehr Vitamin C als eine Zitrone - was angesichts heutiger Anbaumethoden kein Wunder ist. Sogar Schinken enthält mehr Vitamin C, weil man es spritzt, damit Schinken schneller "rosig" wird. Allerdings muss man schlicht eines feststellen: Kren schmeckt nur gut, wenn das Fleisch nicht gut ist. Wer will das schon. (Rondo, DER STANDARD, 18.4.2014)