Ubuntu 14.04 lässt sich ebenso einfach installieren wie seine Vorgänger, die Integration von Ubuntu One wurde allerdings entfernt.

Screenshot: Andreas Proschofsky / derStandard.at

Beim ersten Start werden hilfreiche Tastaturkürzel angezeigt, später können diese über einen Langdruck auf die Super/Windows-Taste erreicht werden.

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Wer will, kann dem globalen Menü ein Ende bereiten und die entsprechenden Einträge zum Fenster selbst zurückverlagern.

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In der Fensterübersicht können nun die offenen Fenster...

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...durch Texteingabe gefiltert werden.

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Für "Trusty Tahr" wurde der Lock Screen neu implementiert.

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Eine der zentralen Anwendungen von Ubuntu: LibreOffice.

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Mittels Update Manager immer auf dem laufenden bleiben.

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Auch wenn in letzter Zeit im Zusammenhang mit Ubuntu zumeist von Smartphones und Tablets die Sprache war, bedeutet dies keineswegs, dass sich Hersteller Canonical vom klassischen Desktop-/Laptopbereich verabschieden will. Ganz im Gegenteil: Mit Ubuntu 14.04 "Trusty Tahr" gibt es nun eine neue Version der beliebten Linux-Distribution, und zwar eine der besondere Bedeutung zukommt. Ist sie doch als Long Term Support (LTS) Release ausgelegt, wird im Gegensatz zu anderen Ubuntu-Versionen also langfristig - im konkreten Fall für fünf Jahre - mit Updates versorgt.

(Noch) Kein Umbruch

Gleich vorneweg: Aus den großen technologischen Umbauten, die man ursprünglich bereits für Ubuntu 13.10 vorgesehen hatte, ist einmal mehr nichts geworden. Angesichts dessen, dass man bei LTS-Versionen einen speziellen Fokus auf die Stabilität legt, eine nicht nur verständliche sondern rundum richtige Entscheidung. Und doch bringt Ubuntu 14.04 so manche Änderung mit sich, wie sich im Folgenden noch zeigen wird.

Installation

Doch zuerst zur Installation: Im Vergleich zur Vorgängerversion hat sich hier wenig geändert - mit einer Ausnahme. Die erst mit Ubuntu 13.10 eingeführte Integration von Ubuntu One in den Installer wurde auch schon wieder entfernt. Angesichts des unlängst verkündeten Endes für den Onlinespeicher keine wirkliche Überraschung.

Kritik

Prinzipiell gibt es wenig am Installer auszusetzen, dieses Mal hat sich aber zumindest ein für manche NutzerInnen sehr unangenehmer Bug eingeschlichen: Der Installer kann von sich aus keine verschlüsselte Partitionen entsperren. Wer eine solche im Verlauf der Installation weiter verwenden will, muss also zunächst in den Live-Modus von Ubuntu 14.04 starten, die entsprechende Partition manuell einbinden und kann erst dann den Installer starten.

Vergesslicher Bug

Eine der Stärken von Ubuntu ist aber ohnehin das einfache Upgrade von früheren Versionen. Im Test verlief dies sowohl von Ubuntu 13.10 als auch von der letzten LTS, Ubuntu 12.04, aus weitgehend problemlos. Bei letzterem Testlauf zeigte sich jedoch ein sehr unerfreulicher Bug: Die Einstellungen des mitgelieferten Remote-Desktop-/VNC-Servers Vino wurden schlicht "vergessen". Wer also ein Upgrade aus der Ferne durchführt und den Rechner ins neue System booten will, hat sich damit effektiv ausgesperrt.

Nicht immer das Upgrade

Ganz allgemein sei empfohlen hin und wieder auch eine frische Installation von Ubuntu aufzusetzen. Der Upgradeprozess verläuft zwar problemlos, hinterlässt aber auch eine beeindruckende Menge an "Müll" auf dem Datenträger. Allen voran veraltete Software in multiplen Versionen. So waren etwa auf einem der Systeme trotz früherer Aufräumbemühungen gleich drei Javaversionen installiert. Und selbst Tools wie Ubuntu Tweak können bei der Bereinigung des Systems nur sehr begrenzt helfen, vieles lässt sich nur mühsam durch eine gezielte Suche aufspüren.

Feinschliff

Der Unity-Desktop präsentiert sich in Ubuntu 14.04 weitgehend so, wie es von den Vorgängerversionen her bekannt ist. Allerdings hat man der Canonical-Eigenentwicklung einiges an Feinschliff angedeihen lassen. Eines der diesbezüglichen Highlights: Das immer wieder kritisierte globale Menü wird optional. In den Systemeinstellungen findet sich ein neuer Eintrag, der die Darstellung der Menüeinträge zum Anwendungsfenster zurückbringt.

Neualt

Allerdings unterscheidet sich die aktuelle Implementation signifikant von der Funktionalität früherer Zeiten. Anstatt der Rückkehr einer eigenen Menüzeile landen die entsprechenden Einträge jetzt in der Titelzeile. Zudem sind sie nicht von Haus aus zu sehen, sondern erst, wenn an diese Stelle bewegt wird.

Usability-Schwierigkeiten

In Summe eine aus Usability-Sicht eher unglückliche Kombination. Ein enger Bereich, der nicht am Bildschirmrand liegt, ist ohnehin schon schwer mit der Maus anzuvisieren, wenn aber nicht schon vorher zu sehen ist, wo das gewünschte Untermenü überhaupt genau sein wird, verkompliziert dies die Angelegenheit weiter. Noch besser versteckt ist die Möglichkeit das globale Menü für einzelne Anwendungen ganz zu deaktivieren, dies geht aber nur über einen manuell gesetzten Eintrag im Desktop-Konfigurationssystem DConf - ist also eher nichts für AnfängerInnen.

Lock Screen

Durchwegs positiv ist hingegen, dass Unity nun seinen eigenen Sperrbildschirm bietet. Dieser ist deutlich besser mit dem restlichen System verzahnt als die bisher gebotene Lösung. Optisch sieht das alles fast exakt so aus wie der Login-Bildschirm, besonders gefällt das sanfte Überblenden zum Desktop.

Details

Das Vergrößern und Verkleinern von Fenstern erfolgt jetzt mit Darstellung des gesamten Inhalts, bisher wurde nur ein Rahmen gezeichnet, der die künftigen Abmessungen andeutet. Im Überblicksmodus für alle laufenden Programme ist es nun möglich nach einzelnen Fenstern zu suchen. Einfach darauf lostippen und die Darstellung wird automatisch anhand des Namens gefiltert.

GNOME-Basis

Vom noch immer in Teilen als Grundlage dienenden GNOME-Desktop hat man ebenfalls eine Reihe von Neuerungen geerbt. So bringt das Update auf dessen Version 3.10 vor allem eine Fülle von Neuerungen für einige der Default-Anwendungen von Ubuntu. Zudem wird aber auch die Unterstützung von hochauflösenden Bildschirmen verbessert, wobei es jedoch noch einige Defizite gibt, da man nicht die aktuellste GNOME-Version 3.12 als Basis gewählt hat. Eine Ubuntu-spezifische Änderung ist, dass der Dateimanager nun wieder von Haus die alte "Type ahead"- statt einer rekursiven Suche verwendet.

Theming

Die Titelzeile wird nun nicht mehr von Compiz sondern wie auch bei der GNOME Shell von GTK+3 per CSS gezeichnet. Was zunächst lediglich nach einem technischen Detail klingt, birgt auch konkrete Verbesserungen. So werden Rundungen nun dank der Verwendung von Antialiasing weicher dargestellt, auch die Performance wird gesteigert.  Auch sonst gibt es viele Detailverbesserungen am User Interface. So kommen nun etwa die Default-Themes von Ubuntu ganz ohne - sichtbaren - Fensterrahmen aus. Das Verkleinern und Vergrößern kann dabei einfach einige Pixel links und rechts der äußeren Begrenzungen eines Fensters initiiert werden.

Der Griff zur Gabel

Ein technisches Detail: Mit Ubuntu 14.04 nimmt Canonical weitere Abspaltungen bestehender GNOME-Projekte vor. So kümmern sich um die Einstellungen nun Unity Settings Daemon und Unity Control Center. Bisher handelt es sich dabei primär um eine Namensänderung, konkrete Neuerungen sind bislang kaum sichtbar. Die Umbenennung hat allerdings den Vorteil, dass sich das Haupt-Ubuntu mit dem eigenen GNOME-Ableger nicht in die Quere kommt.

Zukunftsausblick

Wie einleitend erwähnt, wurden die wirklich großen Umbauten am Desktop auf die kommende Version verschoben. Mit Unity 8 und des Canonical-eigenen Displays Servers Mir soll dabei eine gemeinsame Basis für Desktop, Smartphones und Tablets geschaffen werden. Experimentierfreudigen NutzerInnen bietet der Softwarehersteller die Möglichkeit beides schon mal auszuprobieren. Allerdings sei davor gewarnt, dass es bisher keine eigens optimierte Desktopoberfläche gibt, sondern einfach das Layout der Tabletvariante übernommen wird. Auch sind Abstürze an der Tagesordnung. Mit Ubuntu 14.10 sollen dann all diese erwähnten Änderungen tatsächlich an die breite Masse der NutzerInnen ausgeliefert werden. Zusätzlich sehen die aktuellen Plänen übrigens einen Austausch zahlreicher Kernanwendungen gegen neue, Ubuntu-eigene Apps vor.

Softwareausstattung

Neben den gewohnten GNOME-Tools bilden Firefox 28, das freie Office LibreOffice 4.2.3.3 und der Mail-Client Thunderbird 24.4 die zentralen Anwendungen in der Default-Softwareausstattung. Auch die Fotoverwaltung Shotwell ist in der Version 18.0 wieder mit dabei. Die oft kritisiert Amazon-Einbindung in den Desktop ist bei Ubuntu 14.04 einmal mehr von Haus aktiviert. Erst mit der nächsten Softwareversion soll diese dann "Opt-In" werden, also erst auf Wunsch aktiviert werden.

Oxide

Ebenfalls von Haus aus installiert ist ein eigener Ubuntu-Webbrowser, der einen Vorgeschmack auf die Zukunft gibt. Basierend auf Oxide einem eigenen Ubuntu Webview auf Chromium-Basis, erweist er sich im Test allerdings als hochgradig instabil, hat es dabei sogar geschafft den Rechner mehrfach zum Einfrieren zu bringen. Von der Verwendung muss insofern abgeraten werden. Der Oxide-Webview selbst ist hingegen durchaus aus guten Gründen mit dabei. Soll dieser doch künftig die einzige von Canonical offiziell unterstützte Lösung zur Einbettung von Webinhalten in Ubuntu-Anwendungen werden.

Kernsoftware

"Unter der Haube" gibt es den Linux Kernel 3.13 und damit dieses Mal eine nicht mehr ganz aktuelle Version der Software. Dazu kommen Python 3.4, Xen 4.4 für Virtualisierungsaufgaben sowie diverse Verbesserungen für das Sicherheitssystem AppArmor. Zudem führt Ubuntu 14.04 eine zentrale Änderung bei der Unterstützung von Solid State Disks (SSDs) ein. Handelt es sich dabei um aktuelle Erzeugnisse von Intel oder Samsung wird nun automatisch der TRIM-Support aktiviert. Dieser kümmert sich um ein regelmäßiges Aufräumen der Platte, was der Performance zuträglich ist.

TRIM-Randbemerkung

Dazu aber eine kleine Randbemerkung: Der TRIM-Support hat potentiell negative Auswirkungen auf die Sicherheit von verschlüsselten Datenträgern, wie bereits vor einiger Zeit demonstriert wurde. So lassen sich beispielsweise versteckte Partitionen durch das automatische Aufräumen einfach aufspüren. Auch der verwendete Dateisystemtyp kann zuverlässig identifiziert werden. Canonical hat sich trotzdem zur Aktivierung des TRIM-Supports entschlossen, da aus diesem Wissen resultierende Angriffe bisher nur theoretischer Natur sind.

Fazit

Ubuntu 14.04 erweist sich als ein Update, das mit einigen kleinen, aber - beinahe - durchwegs erfreulichen Verbesserungen aufwarten kann. Die großen Neuerungen sucht man zwar vergeblich, in Summe ergibt sich aber ein zwischenzeitlich gereifter, und durchaus gelungener Desktop für den Computeralltag.

Upgrade?

Wer bislang Ubuntu 13.10 nutzt, muss ohnehin upgraden, da für dieses schon bald der Support eingestellt wird. Aber auch für jene, die bislang Ubuntu 12.04 LTS genutzt haben, empfiehlt sich die Aktualisierung - und sei es nur wegen der aktualisierten Softwareausstattung. Zumindest so lange man keine all zu veraltete Hardware benutzt. Ressourcenschonende Alternativen wie Unity 2D gibt es ja mittlerweile nicht mehr.

Download

Ubuntu 14.04 steht kostenlos von der Seite des Herstellers zum Download und kann mittels USB-Stick oder DVD installiert werden. Wer sich mit der Unity-Oberfläche nicht anfreunden kann, darf zudem wieder zu diversen Derivaten greifen, darunter welche mit KDE-, GNOME-, Xfce- oder LXDE-Desktop. (Andreas Proschofsky, derStandard.at, 18.4.2014)