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Robert Grüneis: "Mehr und mehr Haushalte finden Geschmack am Wechsel von einem Anbieter zum nächsten."

Foto: apa/Renault Österreich

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Tauben auf der Stromleitung: So idyllisch geht es am österreichischen Strommarkt zum Bedauern der Stromfirmen schon seit längerem nicht mehr zu.

Foto: apa/Sebastian Kahnert

STANDARD: Am Freitag ist die Energiekostenstopp-Aktion des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) zu Ende gegangen. Gut 100.000 waren vom Auktionsangebot des Stromlieferanten Enamo aus Oberösterreich und von Goldgas aus Deutschland überzeugt und haben einen Wechsel beantragt. Überrascht vom Zuspruch?

Grüneis: Ich habe mit mehr gerechnet. Die Aktion ist zu hinterfragen.

STANDARD: Inwiefern?

Grüneis: Es gibt viel zu kritisieren: allgemeine Geschäftsbedingungen, die Unternehmen von der Mitwirkung ausgeschlossen haben, die nicht österreichweit tätig sind. Ein ausländisches Unternehmen, Prizewize, das für den VKI die Organisation und Abwicklung übernommen hat ...

STANDARD: Was stört Sie daran?

Grüneis: Dass viel Geld als Provision an ein privat geführtes internationales Unternehmen fließt.

STANDARD: Der VKI sagt, Prizewize habe die meiste Auktionserfahrung und sei deshalb gewählt worden?

Grüneis: Dann sollte das ganze Drumherum auch klaglos funktionieren. Und es sollte nichts Falsches behauptet werden.

STANDARD: Als da wäre?

Grüneis: Die Preisersparnis, die in Aussicht gestellt wurde, war in vielen Fällen falsch, weil falsche Tarife verglichen wurden. Im Fall der Wien Energie etwa wurde als Vergleichsbasis ein Optima-Tarif herangezogen, obwohl der Kunde einen Optima-Float hatte. Das ist, ohne Einmalrabatte, der zurzeit günstigste Tarif überhaupt. Kein Einzelfall. Auch bei Gas gab es Beanstandungen. Montana hat Goldgas wegen falscher Tarifvergleiche geklagt.

STANDARD: Die meisten Wechsler gab es nach VKI-Angaben in Wien?

Grüneis: Wir haben die meisten Strom- und Gaskunden unter Österreichs Energieversorgern, folglich auch die meisten Wechsler. Wir schätzen, dass wir etwa 13.000 Kunden durch die VKI-Aktion verloren haben, dafür haben wir andere wieder gewonnen. In Wien haben viele gewechselt, die das schon einmal gemacht haben.

STANDARD: Fühlen Sie Schadenfreude, dass es nach Wien und Niederösterreich die meisten Wechsler in Oberösterreich gab, dort, wo Enamo zu Hause ist, die Vertriebstochter von Energie AG und Linz AG?

Grüneis: Schadenfreude ist nicht angebracht. Als angestammter Versorger sollte man sich aber überlegen, zu welchem Preis man mitbietet und wie stark man seine Kunden verärgert. Bevor ich eine Gebühr an den VKI und Prizewize zahle, gebe ich den Vorteil lieber an meine Kunden weiter.

STANDARD: Und zwar?

Grüneis: Wir haben einen Topf aufgemacht von sieben Millionen Euro, damit unterstützen wir energiesparende Investitionen, von der Wärmepumpe über Solarthermie bis stromsparende Geräte. Wer bei einem Partner einen neuen Kühlschrank oder eine Gefriertruhe kauft, bekommt bis zu 100 Euro. Den Strompreis allein im Auge zu haben ist der falsche Weg.

STANDARD: Der Preisdruck wird eher stärker, der VKI denkt an eine weitere Auktionsrunde. Wie wollen Sie die Kunden halten bzw. verlorene wieder zurückgewinnen?

Grüneis: Wir haben schon einiges getan, etwa Switch in den Markt geschickt, das Gemeinschaftsunternehmen mit EVN und Energie Burgenland. Die haben ein sehr attraktives Angebot.

STANDARD: Werden Sie bei der nächsten Auktion mitmachen, etwa mit Switch?

Grüneis: Das müssen wir uns noch überlegen. Wie gesagt, die Gefahr ist groß, dass man damit seine Bestandskunden verärgert.

STANDARD: Sie haben auch einen Erdgas-Floater im Angebot, der den Marktpreis nachzeichnet. Da gab es auch Kritik vom VKI, weil wegen der Ukraine-Krise die Preise explodieren könnten.

Grüneis: Auch beim Float werden die Preise über einen Monat geglättet, nicht jede Spitze schlägt gleich durch.

STANDARD: Und wenn tatsächlich der Gashahn zugedreht wird?

Grüneis: Es gibt im Moment viel Gas am Markt. Außerdem rechnen wir nicht, dass das passiert, weil Russland auf die Einnahmen angewiesen ist. Sollte es wirklich hart auf hart gehen, haben wir ganz andere Probleme. Wir werden im Sinne der Kunden dann eine entsprechende Lösung finden. Die Preisersparnis, die in Aussicht gestellt wurde, war in vielen Fällen falsch. (Günther Strobl, DER STANDARD, 15.4.2014)