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Bewaffnete Aktivisten vor einem besetzten Verwaltungsgebäude in Slawjansk.

Foto: EPA/ROMAN PILIPEY

Der ukrainische Interimspräsident Olexander Turtschinow hat überraschend ein nationales Referendum über die Umwandlung des Landes in eine Föderation angeregt. Er sei "nicht gegen" eine solche Volksbefragung, sagte Turtschinow am Montag vor dem Parlament in Kiew. Die EU machte Russland für die Eskalation in der Ostukraine verantwortlich und drohte mit weiteren Sanktionen.

Das Referendum könne parallel zur Präsidentschaftswahl am 25. Mai stattfinden, sagte Turtschinow. Er zeigte sich zuversichtlich, dass sich dabei eine Mehrheit der Ukrainer für eine "unteilbare, unabhängige, demokratische und geeinte Ukraine" aussprechen werde. Prorussische Kräfte im Osten fordern dagegen ein regionales Referendum über eine Angliederung an Russland oder über mehr Autonomie. In mehreren Städten in der Region halten Milizionäre seit Tagen mehrere Gebäude von Polizei und Geheimdienst sowie weiteren Behörden besetzt.

Am Montagmorgen verstrich ein Ultimatum Kiews an die Aktivisten, ihre Waffen niederzulegen. Moskautreue Demonstranten besetzten stattdessen ein weiteres Kommissariat in der Ostukraine. Die Polizisten in der Stadt Gorliwka in der Provinz Donezk leisteten praktisch keinen Widerstand und sicherten dem Anführer der prorussischen Gruppe später ihre Unterstützung zu.

In der Stadt Slawjansk, wo bei Schusswechseln zwischen Sicherheitskräften und prorussischen Milizionären am Sonntag mehrere Menschen getötet und verletzt worden waren, herrschte am Montag angespannte Ruhe. In einem Telefonat mit UN-Generalsekretär Ban Ki-moon bat Turtschinow um die Entsendung von Beobachtern, welche die "Legitimität" der "Anti-Terror-Einsätze" gegen die prorussischen Milizen bestätigen sollen.

Der Westen verdächtigt Russland, ähnlich wie auf der Schwarzmeer-Halbinsel Krim im Osten der Ukraine mit Sicherheitskräften zu intervenieren, um eine Abspaltung der Region vorzubereiten. "Vieles deutet darauf hin, dass die in der Ostukraine aktiven bewaffneten Gruppen Unterstützung aus Russland erhalten", sagte die stellvertretende Sprecherin der deutschen Bundesregierung, Christiane Wirtz. Als Beleg verwies sie auf das "Auftreten, die Uniformierung und Bewaffnung einiger dieser Gruppen".

Der deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) warnte, Moskau scheine bereit, "Panzer über europäische Grenzen" zu schicken. Gabriel sprach bei einer Veranstaltung zum Ersten Weltkrieg in Berlin von einem "brandgefährlichen Konflikt, der auch Europa im Zuge von Sanktionen gegen Russland einen Preis abverlangt".

Auch die Europäische Union machte Russland für die verschärften Spannungen in der Ostukraine verantwortlich. Frankreichs Außenminister Laurent Fabius regte an, in der kommenden Woche einen EU-Sondergipfel einzuberufen, um weitere Sanktionen gegen Russland zu beschließen. "Es erscheint offensichtlich, dass Russland Verantwortung für diese Gewalttaten trägt", sagte er bei einem Treffen der EU-Außenministerin Luxemburg. Angesichts geplanter Beratungen zwischen EU, Russland, der Ukraine und den USA am Donnerstag in Genf sprachen sich mehrere Minister dagegen aus, bereits jetzt Wirtschaftssanktionen gegen Moskau zu verhängen.

Die jüngsten Äußerungen des Kremls dürften nicht dazu beitragen, die Sorgen des Westens vor einer Militärintervention zu zerstreuen. Präsident Wladimir Putin sei von zahlreichen Menschen in der Ostukraine aufgefordert worden, "zu helfen und in irgendeiner Form einzugreifen". Putin verfolge die Entwicklungen in dem Nachbarland "mit großer Sorge", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow der Nachrichtenagentur Ria Nowosti.

Die USA gaben unterdessen eine Kreditbürgschaft für die wirtschaftlich schwer angeschlagene Ukraine in Höhe von einer Milliarde Dollar (720 Millionen Euro) frei. Die Übergangsregierung werde damit befähigt, "sich zu geringen Kosten eine Finanzierung auf den internationalen Kapitalmärkten zu verschaffen", erklärte US-Finanzminister Jacob Lew. (APA, 15.4.2014)