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Protestaktion gegen den italienischen Premier Berlusconi in Verona.

Foto: EPA/ANSA/Daniel Dal Zennaro
Verona - Nach ihrem ersten Treffen seit der deutsch-italienischen Verstimmung im Sommer haben Ministerpräsident Silvio Berlusconi und Bundeskanzler Gerhard Schröder politische Eintracht demonstriert. Nach einer knapp einstündigen Unterredung im Präfekturpalast von Verona bekräftigten beide am Samstag das Ziel, die europäische Verfassungsdebatte unter der EU-Präsidentschaft Italiens bis Ende dieses Jahres erfolgreich abzuschließen. Berlusconi nannte Schröder "einen großen Freund Italiens".

Verschlechterung der Beziehungen dementiert

"Es gab nie eine Verschlechterung der deutsch-italienischen Beziehungen, deshalb kann man auch nicht von einer Verbesserung reden", sagte Berlusconi nach dem Treffen. Deutschland sei Italiens wichtigster Partner. Schröder fügte hinzu, "die eine oder andere Irritation" sei ausgeräumt. Persönlich habe er eine enge Beziehung zu Italien. Dies war so und werde auch so bleiben. "Schröder ist in Italien immer willkommen, auch wenn er einmal nicht mehr Kanzler sein sollte", sagte Berlusconi.

Der deutsche Kanzler hatte seinen Sommer-Urlaub in Italien im Juli abgesagt, nachdem der inzwischen zurückgetretene Tourismus-Staatssekretär Stefano Stefani deutsche Urlauber in einem Artikel als "supernationalistische Blonde" beschimpft hatte. Kurz davor hatte Berlusconi im Europaparlament für einen Eklat gesorgt, als er dem deutschen Abgeordneten Martin Schulz wegen dessen kritischer Bemerkungen eine Filmrolle als Kapo in einem Konzentrationslager nahe legte.

Berlusconi begründete die überraschende Absage seines Opernbesuchs mit Schröder in der römischen Arena von Verona am Freitagabend mit Hinweisen von Geheimdienst und Innenministerium in Rom, dass linke Berlusconi-Gegner mit Trillerpfeifen die Opernaufführung sprengen wollten. "Ich habe mich daraufhin geopfert und meine Teilnahme abgesagt", sagte Berlusconi, der die Opposition seinerseits als "undemokratisch und illiberal" bezeichnete. Als Berlusconi nach dem Treffen mit Schröder den Bürgermeister der Stadt aufsuchte, wurde er teilweise mit Pfiffen auf der Straße empfangen.

Die italienische Opposition und Zeitungskommentare kritisierten die Absage des Opernbesuchs mit Schröder und EU-Kommissionspräsident Romano Prodi. Die römische Zeitung "La Repubblica" sprach von der "Geste eines Flegels". Der Führer der Linksdemokraten in der römischen Abgeordnetenkammer, Luciano Violante sagte: "Nur Diktatoren verlangen ausschließlich Applaus." Alfonso Pecoraro Scanio von den italienischen Grünen diagnostizierte bei Berlusconi ein "Primadonna-Syndrom".

Deutsche Regierungskreise kommentierten das Fernbleiben Berlusconis offiziell nicht. Das sei eine italienische Angelegenheit, hieß es lediglich. Schröder und Prodi verfolgten bis weit nach Mitternacht die "Carmen"-Aufführung in der Inszenierung von Starregisseur und Berlusconi-Freund Franco Zeffirelli.

Bei ihren politischen Gesprächen vereinbarten Schröder und Berlusconi, dass die am 4. Oktober unter italienischer EU-Präsidentschaft beginnende Regierungskonferenz zur EU-Verfassung sobald wie möglich zu einem Ergebnis kommen soll. Für Berlusconi solle es "zu maximal ein, zwei oder drei Veränderungen" an dem Konvent-Entwurf kommen. Schröder will am liebsten, dass der Entwurf "ohne Änderungen" von den Staats- und Regierungschefs der EU angenommen wird. "Meine Befürchtung ist: Wenn man einer Stelle beginnt, das Ergebnis des Konvents zu öffnen, dies an anderen Stellen auch nicht mehr beisammen zu halten ist", sagte Schröder. Mit Berlusconi vereinbarte er, möglichst eine deutsch-italienische Position zur EU-Reform zu finden.

Zu Afghanistan sagte Schröder, die Prüfung einer eventuellen Ausweitung des deutschen Engagements sei noch nicht abgeschlossen. Zum Irak bekräftigte er, dass Deutschland hier "nicht an ein militärisches Engagement denkt". Es habe ihn besonders gefreut, dass auch Berlusconi dafür sei, die Verantwortung der UNO im Irak auszuweiten. Italien gehörte im Gegensatz zu Deutschland zu den Befürwortern des Irak-Kriegs und hat in das Land auch Soldaten entsandt.

Mit Prodi hatte Schröder zuvor den Streit um die deutsche Lastwagenmaut erörtert, ohne dass eine Einigung erzielt wurde. Darüber sollen jetzt am Dienstag Verkehrsminister Manfred Stolpe und EU-Kommissarin Loyola de Palacio weiter verhandeln. Brüssel will bis zur Klärung der Wettbewerbs-Bedenken das gesamte Maut-System stoppen, das nach dem Wunsch Berlins am 2. November starten soll. Die EU befürchtet versteckte staatliche Beihilfen.(APA/dpa/AP)