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Keine "zweite Heirat" für zwei holländische Schwule.

Foto: Reuters/East

Wien - Die Zufälligkeit der Geburt und die Wahl des Wohnorts innerhalb der EU haben beträchtlichen Einfluss auf das Privatleben homosexueller Paare. Denn während Lesben und Schwule etwa in den Niederlanden oder in Spanien heiraten dürfen, können sie, etwa in Österreich, lediglich eine eingetragene Partnerschaft eingehen.

Daher geraten gleichgeschlechtlich Liebende, die in einem Land geheiratet haben, das Homosexuellen bereits die Ehe geöffnet hat, durch eine Übersiedlung nach Österreich in eine Art rechtliches Niemandsland: Dass sie vor dem Gesetz ihres Herkunftsstaates als Eheleute gelten, hilft ihnen in Österreich gar nichts. Im Gegenteil, es kann sogar Verwirrung stiften.

Inakzeptabler Zustand

So etwa im Fall Chrétien und Edwin V.s, zweier schwuler Eheleute aus den Niederlanden, die in Tirol gemeinsam eine Ferienwohnungsvermietung betreiben. Im beruflichen Kontakt mit Behörden komme es immer wieder zu Problemen, da unklar sei, ob ihre nach niederländischem Recht geschlossene Ehe in Österreich gelte, beklagen sie. Das sei ein inakzeptabler Zustand, denn als EU-Bürger, die ihre Niederlassungsfreiheit in der Union in Anspruch genommen haben, müssten für sie EU-weit gleiche Rechte gelten.

Um die Sache klarzustellen, wollten die beiden Männer ihr Jawort in Österreich wiederholen: Der Tiroler Landeshauptmann verweigerte ihnen dies. Also wandte sich ihr Anwalt, Helmut Graupner, an den Verfassungsgerichtshof: Die Verordnung über die Vereinheitlichung des Rechts auf Eheschließung ermögliche derlei Zweitheiraten. Sie Homosexuellen zu verweigern, sei diskriminierend.

Eine solche Rechtsauslegung hätte in Österreich zu einer De-facto-Anerkennung von Ehen Homosexueller geführt, die in anderen EU-Staaten geschlossen wurden. Doch die Höchstrichter sahen das anders: In einem dem Standard vorliegenden Erkenntnis weisen sie Graupners Vorbringen ab.

Frage, ob Luxemburg entscheiden soll

Die Ehe stehe in Österreich nur zwei Personen verschiedenen Geschlechts offen - und das sei keine "unzulässige Diskriminierung", argumentieren sie. Auch für den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof (EGMR) in Straßburg stelle es kein Problem dar, dass Personen gleichen Geschlechts hier "auf das Institut der eingetragenen Partnerschaft verwiesen" seien. Die EU-Grundrechtscharta wiederum sei auf besagte Ehe-Vereinheitlichungsverordnung (deren Grundlage übrigens von 1938, dem Jahr des Anschlusses Österreichs an das Deutsche Reich, stammt) nicht anwendbar.

Für den Fall, dass die Verfassungsrichter zum Stellenwert der Grundrechtscharta im vorliegenden Fall bloße Zweifel gehabt hätten, hatte Graupner vorgeschlagen, die Angelegenheit dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg vorzulegen. Auch hier winken die Verfassungsrichter ab: In Fragen der Nichtdiskriminierung räume die Charta den EU-Staaten einen Einschätzungsspielraum ein, erläutern sie.

Doch diesbezüglich ist laut Graupner das letzte Wort aber noch nicht gesprochen: "Der Fall liegt auch dem Verwaltungsgerichtshof vor - samt der Frage, ob Luxemburg entscheiden soll." (Irene Brickner, DER STANDARD, 12.4.2014)