Wien - Einen kleinen Verhandlungserfolg kann Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) präsentieren: Nicht, wie ursprünglich von Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) von ihrem Ressort verlangt, 68 Millionen Euro muss sie im Schulbereich einsparen, sondern 57 Millionen Euro, sagte Heinisch-Hosek im Ö1-"Morgenjournal" am Freitag. Das macht trotzdem enorme Einschnitte im Schulsystem notwendig, vor denen die Lehrergewerkschaft bereits am Donnerstag in einem Brief an die Schulen warnte.

"Ein bisschen drehen"

Heinisch-Hosek bestätigte in dem Radiointerview, dass an mehreren Schrauben gedreht werden wird, um das Einsparziel zu erreichen. Konkret heißt das: größere Klassen ab der 9. Schulstufe. "Wir drehen nur ein bisschen an den Teilungszahlen", erklärte die Ministerin. "Nur auf der 9. Schulstufe werden die Teiler wieder zurückgefahren." Das heißt, dass die Zielgröße 25 Schüler plus 20 Prozent Spielraum nach oben nur noch bis zum Ende der Sekundarstufe 1, also bis zur achten Schulstufe gelten wird.

Mehr Schüler in Werkstätten und Labors

In Werkstätten und Labors würden dann "im Schnitt statt bisher acht zehn Schüler" zu betreuen sein, so Heinisch-Hosek. An den AHS werden Klassen im Informatik-Unterricht künftig nicht mehr ab 13 Kindern geteilt, sondern erst ab 25. Begründet wird die Maßnahme im Ministerium damit, dass diese Teilungsregel noch aus einer Zeit stammt, wo in den Informatik-Räumen weniger Computer zur Verfügung standen. Im Fach Bildnerische Erziehung entfällt die Klassenteilung überhaupt.

Weniger Überstunden für Lehrer

Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Zahl der benötigten Lehrerinnen und Lehrer. Wenn es weniger Klassen gibt, weil mehr Schülerinnen und Schüler in einer erlaubt sind, dann reduziert sich auch der Personalaufwand, für den ungefähr 90 Prozent des Unterrichtsbudgets verwendet werden. Hier will Heinisch-Hosek, wie sie sagte, "bei den Überstunden ein bisschen schrauben, denn wenn wir eine Teilungszahl verändern, heißt das zum überwiegenden Teil, dass weniger Überstunden gemacht werden". Das sei "auch eine Erleichterung" für die Lehrerinnen und Lehrer.

Weiter warten auf Unterstützungspersonal

Eine andere Erleichterung, auf die die Lehrergewerkschaft nicht erst bei den Dienstrechtsverhandlungen nachdrücklich gepocht hat, wird derweil nicht so schnell kommen: Unterstützungspersonal, also Psychologen, Sozialarbeiter, administratives Personal. Da will Heinisch-Hosek "neue Wege beschreiten und neue Verbündete suchen". Es gebe "gute Projekte, wo Schulen mit dem gleichen Personal die Kinder auch gut betreuen und begleiten kann", sagte die SPÖ-Ministerin. Man werde sich "von außen das eine oder andere Mal behelfen, aber in dem Maß, wie sich die Gewerkschaft das wünscht, wird es in den nächsten zwei, drei Jahren sicher kein Unterstützungspersonal geben." Wiewohl das nicht heiße, "dass es gar keins gibt".

Neue Mittelschule muss sparen

Mit weniger Ressourcen wird auch die Neue Mittelschule, eine, wie Heinisch-Hosek zugab, "sehr teure Schulform", auskommen müssen: Statt bisher zwölf Stunden, die in den Hauptfächern doppelt besetzt sind im Rahmen von Teamteaching werden es in Zukunft nur noch zehn Stunden sein. Für die Ministerin eine "sehr verträgliche" Einsparung.

Möglich wären auch Schließungen oder Zusammenlegungen von kleinen Schulen mit nur einer oder zwei Klassen. Das werde sie mit den Landesschulräten diskutieren: "Die wissen selbst am besten, was sie sich leisten können. Die müssen selber schauen, wie sie mit dem Geld auskommen."

Weniger Geld für Bifie, weniger Inserate

Gekürzt wird außerdem beim Bundesinstitut für Bildungsforschung (Bifie), das für Projekte wie die Zentralmatura, Bildungsstandards sowie internationale Bildungsvergleichsstudien zuständig ist: Dort fallen etwa durch den wegen Zweifeln an der Datensicherheit verhängten Teststopp für 2014 sowie 2015 Ausgaben weg. Personal soll aber nicht abgebaut werden. Außerdem will Heinisch-Hosek weniger Geld für Inserate ausgeben und die Förderungen auf "Kernbereiche" konzentrieren. 

Für das Jahr 2015 sind laut Ministerium keine weiteren Maßnahmen nötig: Die heuer vorgenommenen Einsparungen wirkten auch in den kommenden Jahren fort und erhöhten sich durch die automatische Fortwirkung auf mehr Klassen noch.

"Bankrotterklärung" wegen "Hypo-Leiche"

Für die Lehrergewerkschaft sind die Kürzungen im Bildungsbereich (57 Millionen Euro 2014 und 60 Millionen Euro 2015) "eine Bankrotterklärung der österreichischen Bildungspolitik". Während Milliarden in "die Hypo-Leiche" gesteckt würden, spare man im schon jetzt unterdotierten Bildungsbereich, kritisierte der ÖVP-dominierte Dachverband der ARGE Lehrer in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst.

"Bildungspolitische Katastrophe"

Jürgen Rainer (FCG), Vertreter der Lehrer an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS), spricht angesichts eines jetzt schon herrschenden Mangels an Unterstützungspersonal von einer "bildungspolitischen Katastrophe". Auch für Landwirtschaftslehrer-Vertreter Dominikus Plaschg (FCG) sind in seinem Bereich wegen chronischer Unterfinanzierung gar keine weiteren Einsparungen möglich. Judith Roth (FCG) von den Berufsschullehrern warnt davor, dass durch Kürzungen in ihrer Schulform, an der Schüler parallel zur Lehre ausgebildet werden, künftiger Wohlstand verspielt werde.

Nein zu NMS-Mogelpackung

Auch die SPÖ-nahen Lehrervertreter lehnen Einsparungen im Bildungsbereich ab. Man könne neue Bildungsprojekte nur umsetzen, wenn die Standards finanziell gesichert seien, sagt FSG-Pflichtschullehrervertreter Thomas Bulant. Er fordert vor allem, dass auch weiterhin an den Neuen Mittelschulen (NMS) in allen Deutsch-, Mathe- und Englischstunden zwei Lehrer gemeinsam in der Klasse stehen: "Eine Neue Mittelschule light als Mogelpackung lehnen wir ab." (Lisa Nimmervoll, APA, derStandard.at, 11.4.2014)