Vor wenigen Tagen nahm FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache den besten Fußballer des Landes, David Alaba, vor den rassistischen Verunglimpfungen seines Parteikollegen Andreas Mölzer in Schutz. Alaba sei "ein toller Mensch" und "ein positives Integrationsbeispiel", sagte Strache. Diese Aussagen und vor allem die anschließende breite Zustimmung entlarven all das Verlogene, Falsche und Gefährliche an unserer Debatte über das Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft.

Und die anderen?

Abgesehen davon, dass Alaba als gebürtiger Wiener keinerlei Integration bedarf, ist das Herausstreichen der guten Beispiele eine gefährliche Strategie der Ausgrenzung, derer sich bei weitem nicht nur der FPÖ-Obmann bedient. Es wird ein positives "Integrationsbeispiel" angeführt, um gleich darauf einen Hinweis zu setzen, dass es auch die anderen gibt. Die weniger guten Beispiele. Die Unintegrierten, die Problemfälle. Und schon hat man die große Mehrheit jener erreicht, die gerne mit "Ich bin ja nicht ausländerfeindlich oder rassistisch, aber ..." argumentieren.

"Ich bin ja nicht ausländerfeindlich …"

Diese typische Eröffnung einer Diskussion über das Zusammenleben in einer Migrationsgesellschaft hat auch die Experten- und Journalistenkreise erreicht. Der Startschuss ist allerdings hier ein anderer und lautet in etwa: "Aber man muss auch Probleme benennen (dürfen) ..." Und schon kann man seine – angeblich mehrheitsfähige – Meinung über gefährliche Wiener Bezirke, in denen "die Ausländerintegration misslingt", kundtun, wie etwa Martina Salomon, die stellvertretende Chefredakteurin des "Kurier".

Oder wie der Chefredakteur der "Presse", Rainer Nowak, der zwar Andreas Mölzers wiederholtes Gerede von der Umvolkung "unsäglich" findet, aber "dahinter (fragt sich, hinter was?, Anm.) echte Schwierigkeiten" sieht. Die besagten Schwierigkeiten macht Nowak an Wiener Schulen aus, "in denen die Zahl der Kinder mit einer anderen Muttersprache als Deutsch im Gegensatz zu den Deutschkenntnissen steigt", und in Deutschland, wo "junge Männer mit türkischen Großeltern" offenbar soziale Probleme verursachen.

Wer ist das Problem?

Diese Probleme, die viele andere genauso namhafte Journalisten und Politiker dieses Landes uns täglich und gutmeinend auftischen, werden eben gerne den anderen, den Unintegrierten, den schlechten Migranten untergeschoben. Und hier wehrt sich auch keiner. Denn diese angeblichen Problemfälle sind weder Profifußballer noch prominente Ballerinas oder erfolgreiche Unternehmer. Es sind lediglich Kinder von (Gast-)Arbeitern, Flüchtlingen oder Einwanderern, die schlechtere Startchancen haben als die Kinder der einheimischen Mittelschicht.

Die Volksschüler aus Favoriten und Ottakring haben keine Integrationsprobleme. Sie müssen sich gar nicht integrieren. Sie sind genauso wie David Alaba längst ein Teil der Gesellschaft. Wenn wir sie auf die eine Seite und die "erfolgreichen Beispiele" auf die andere Seite stellen, entlarven wir lediglich unseren zynischen und elitären Zugang zur sogenannten Integrationsproblematik.

Während wir weiterhin scheinheilige Debatten führen, ohne zu sehen, dass wir hier tatsächlich ein soziales (und kein ethnisches) Problem haben, wächst eine Generation heran, die sich nicht angenommen fühlt. Weder von der angeblichen Mehrheitsgesellschaft noch vom Bildungssystem, das nicht auf ihre Bedürfnisse eingeht. Ihre Bildungs- und Berufsbiografien drohen zum Kollateralschaden verfehlter Migrationspolitik, verspäteter Bildungsreformen und, nicht zuletzt, unserer Ignoranz zu werden. Ihr Scheitern ist unser aller Problem und kein (Stadt-)Randphänomen, das man wegintegrieren kann. (Olivera Stajić, daStandard.at, 12.4.2014)