Bild nicht mehr verfügbar.

Tamiflu ist womöglich doch weniger wirksam als vermutet - das zeigt eine neue Metastudie.

Foto: LEONHARD FOEGER/reuters

Der Expertenstreit um die Wirkung eines der beiden einzigen ursächlich gegen die A-(H1N1-)Influenza wirkenden Arzneimittel geht weiter. Das "British Medical Journal" hat eine Metaanalyse publiziert, welche den Effekt von Tamiflu (Oseltamivir) anzweifelt. Erst vor einem Monat war eine Studie im "Lancet Respiratory Medicine" zu einem gegenteiligen Ergebnis gekommen.

Neue Studie: Kaum Wirkung

Den Auswertungen liegen keine neuen Zahlen zugrunde. Es sind neue Auswertungen alter Daten. Derartige Metaanalysen können durch eine Vergrößerung der Probandenzahlen bei Einschluss mehrerer ähnlicher Studien bessere statistische Aussagen ermöglichen. Auf der anderen Seite sind die Auswahlkriterien für die verwendeten Studien oft nicht klar nachvollziehbar, ebenso wenig die verwendeten Analysemethoden.

Die neue Metaanalyse der Cochrane Collaboration zeigte offenbar, dass Tamiflu die Dauer von grippeartigen Symptomen um etwa einen halben Tag verringern kann. Dafür würden die Patienten aber auch häufiger Übelkeit oder Erbrechen aufweisen. Hinweise darauf, dass das Mittel Komplikationen und Krankenhauseinlieferungen verhindert, fanden die Forscher nicht. Eine ältere Studie zur hohen Wirksamkeit von Tamiflu wurde damit wiederlegt.

Anderes Ergebnis

Erst vor einem Monat war eine Studie im angesehenen unabhängigen britischen Fachjournal "The Lancet Respiratory Medicine" zu einem anderen Ergebnis gelangt. Demnach senkten solche Neuraminidasehemmer wie Tamiflu bei Patienten, die während der A-(H1N1-)Epidemie 2009/2010 in Krankenhäuser kamen, das Sterberisiko um 25 Prozent. Die Gefahr sank insbesondere dann, wenn sie die Medikamente früh einnahmen.

Bei Tamiflu-Erzeuger Roche ist man gänzlich anderer Ansicht als die Cochrane-Gruppe: "Roche widerspricht entschieden den Schlussfolgerungen des Berichts der Cochrane-Gruppe für akute Atemwegserkrankungen (Acute Respiratory Infections Group, ARI) zu Tamiflu." Weltweit hätten mehr als hundert Arzneimittelzulassungsbehörden das Medikament als wirksam in der Behandlung und Prävention von Influenza eingestuft und zugelassen. Der neue Cochrane-Bericht berücksichtige nur 20 von 70 vorliegenden Studien. Das führe zu Fehlinterpretationen in Sachen Wirksamkeit und Sicherheit des Medikaments.

Derzeit nicht auf Kassenrezept

In Österreich darf Tamiflu nur dann auf Kassenrezept verschrieben werden, wenn die Erkrankungszahlen über einen Schwellenwert von 10.000 Neuerkrankungen an Influenza oder banalen Erkältungen überschreitet. Das wird vom Department für Virologie der MedUni Wien registriert. Das bedeutet aber auch gleichzeitig, dass eine Verschreibbarkeit eines Arzneimittels von der Häufigkeit einer Erkrankung abhängig gemacht wird.

Während der diesjährigen saisonalen Influenzawelle ohne Überschreitung des Schwellwertes konnte somit kein Versicherter der sozialen Krankenkassen mit dem Medikament auf deren Kosten versorgt werden. (APA/red, derStandard.at, 10.4.2014)