Kein anderes Land ist den Schwellenländern so exponiert wie Österreich.

Grafik: Der Standard

Wien - Die alten Löcher an den Finanzmärkten sind noch nicht einmal ansatzweise gestopft und schon kommen neue hinzu: Mit dieser Warnung ließ der Internationale Währungsfonds (IWF) am Mittwoch aufhorchen. Zu den "alten" Problemen zählt die ungelöste Bankenkrise in Europa.

Zwar konnten die Kreditinstitute in der Eurozone ihre Eigenkapitaldecke in den vergangenen Monaten deutlich stärken, schreiben die IWF-Experten in ihrem Global Financial Stability Report. Auch das langsam anziehende Wachstum habe dazu beigetragen, dass die Banken heute etwas besser dastehen als Ende 2013.

Doch trotz der kleinen Fortschritte bleiben die Finanzinstitute nach Ansicht des Fonds weiter äußerst anfällig. Schon bei kleinen Erschütterungen könne das Kartenhaus erneut zu wanken beginnen. So ist der Stand an faulen Krediten bei den Banken in der Eurozone weiterhin auf einem Rekordhoch von rund 800 Milliarden Euro. Das entspricht fast dem dreifachen der jährlichen Wirtschaftsleistung Österreichs. Die Summe der problematischen Darlehen hat sich seit Krisenausbruch verdoppelt. Die niedrige Inflation und die hohe Verschuldung (privat und öffentlich) sind ebenfalls ein zusätzliches Risiko.

Schwellenländer mit Kopfschmerzen

Neben diesen bekannten Problemen in Europa sind neue Schwierigkeiten in Schwellenländern wie Russland, Brasilien, China, Ukraine, Argentinien und der Türkei hinzugekommen. In einigen Schwellenländern wie Russland und Argentinien haben die Landeswährungen in den vergangenen Monaten stark an Wert verloren. In anderen Ländern sind die Zinsen stark gestiegen: Die Rendite für zehnjährige türkische Staatsanleihen ist zum Beispiel von sechs auf zuletzt zehn Prozent geklettert - mit den Staatspapieren verteuern sich auch die Kredite an Unternehmen und private Haushalte.

Für die Turbulenzen gibt es mehrere Ursachen. Die Türkei kämpft wie die Ukraine mit innenpolitischen Turbulenzen, der Rubelverfall in Russland ist eine Folge der Sanktionsdrohungen gegen das Land aus Europa und den USA. Alle Schwellenländer gemeinsam trifft das nahende Ende der ultralockeren US-Geldpolitik.

Probleme zu Hause

Die US-Notenbank Fed kauft seit September 2012 Staatsanleihen und Immobilienpapiere im Wert von 85 Milliarden Dollar monatlich. Inzwischen hat sie diese Summe auf 55 Milliarden reduziert - in den kommenden Monaten dürfte sie die Käufe weiter einschränken. Das Problem dabei: Schwellenländer haben bisher profitiert, weil die überschüssige Liquidität in den USA in ihre Wirtschaften geflossen ist. Doch weniger frische Dollars von der Fed könnten Währungen, Aktien- und Anleihenmärkte von China, Brasilien und Co unter Druck setzen.

Das Prekäre dabei ist, dass viele Banken aus Industrieländern stark in den Schwellenländern vertreten sind. Eben weil diese Banken noch mit Problemen zu Hause kämpfen, könnten die neuen Turbulenzen sie härter treffen als in der Vergangenheit.

Das Pendel schwingt zurück

Dabei hat der IWF in seinem Bericht auch ein interessantes Detail zu Österreich ausgegraben: Die heimischen Kreditinstitute sind im Vergleich zu ihrer Größe von allen großen Industrieländern mit Abstand am stärksten in Schwellenländern engagiert (siehe Grafik). Mehr als die Hälfte der Bankenforderungen von österreichischen Instituten richten sich gegen Schuldner in aufstrebenden Volkswirtschaften, allen voran in Osteuropa. Im zweitgereihten Land Spanien liegt dieser Wert bei deutlich unter 40 Prozent.

Die österreichischen Banken haben die Probleme in Schwellenländern, konkret in Russland, bereits zu spüren bekommen. So hat die Abwertung des russischen Rubel und der ukrainischen Hrywnja in den ersten Monaten 2014 tiefe Spuren in der Kapitalbilanz der RBI hinterlassen. Währungsverluste haben das harte Kapital der Bank von Jänner bis Mitte März um 280 Millionen Euro geschmälert. Die IWF-Experten warnen in ihrem Bericht generell davor, dass eine Eskalation im Konflikt mit Russland dem Finanzsystem in Europa - aber auch dem internationalen Handel - stark schaden könnte. (András Szigetvari, DER STANDARD, 10.4.2014)