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Ein Lügengebäude dürften die Bilanzen der Eurobanken nicht sein, doch die EZB will sich nicht auf die bisherigen Testate verlassen und schickt - unterstützt von nationalen Aufsehern - eigene Prüfer.

Foto: reuters/pfaffenbach

Wien - Die Prüfer haben sich schon eingenistet und drehen die Belege der heimischen Banken um. Bis in den Sommer hinein müssen sich sechs heimische Geldinstitute einem Gesundheitscheck unterziehen, der von der Europäischen Zentralbank vorgeschrieben wurde. In Österreich hat die zuständige Finanzmarktaufsicht externe Berater zur Unterstützung geholt. Etwas überraschend kommen die Experten aus den vier großen Prüfungsgesellschaften, die - teilweise in wechselnden Konstellationen - gut mit der Bankenwelt vertraut sind.

Für KPMG, PwC, Ernst&Young und Deloitte sind die Tests ein gutes Geschäft. Allein in Österreich beträgt das Auftragsvolumen 30 Millionen Euro, wie ein FMA-Sprecher bestätigt. In der Branche ist von Honoraren von bis zu 2.000 Euro am Tag pro Prüfer die Rede. Warum man ausgerechnet auf die Big 4 zurückgreift, die Jahr für Jahr die Bilanzen der Banken testieren und nun Mängel bei Kreditqualität oder Risikosystemen aufdecken sollen? "Es sind die Einzigen, die über ausreichend Bankerfahrung und Kapazitäten verfügen", sagt FMA-Sprecher Klaus Grubelnik.

Enden wollende Freude

Vertreter kleinerer Prüfungsfirmen, die namentlich nicht genannt werden wollen, sehen das anders. Sie hätten auch gerne ein Stück vom Kuchen gehabt und kritisieren, dass es keine Ausschreibung gegeben hat. Die sei auch nicht erforderlich gewesen, die Experten seien von der Behörde bestellt worden, sagt Grubelnik. Das Thema Interessenkonflikt ist der FMA bekannt. Man habe daher darauf geachtet, dass jene Prüfgesellschaften die Banken durchleuchten, die "am wenigsten mit ihnen zu tun haben". Keine leichte Aufgabe. In der Erste Group ziehen beispielsweise PwC-Spezialisten Proben aus den Bankunterlagen, Abschlussprüfer ist hingegen Ernst&Young.

Neben dem administrativen Aufwand haben die Banken auch die Kosten des Bilanzchecks, der Asset Quality Review (AQR) genannt wird, zu tragen. Die Freude darüber ist enden wollend. Seit Anfang März bis Ende Juli sitzen 25 Deloitte-Prüfer in der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich, dazu kommen zwei Experten der EZB. Bankchef Heinrich Schaller rechnet mit 4,5 Millionen Euro an Kosten für das Screening. Dazu kommt eine weitere Million für den anschließenden Stresstest, bei dem die Auswirkungen diverser Schocks auf die Bankbilanzen simuliert werden. Allein in Linz werden 700 Kreditfälle unter die Lupe genommen.

Teurer Bilanzcheck

Weitere AQR-Objekte sind Raiffeisen Landesbank Niederösterreich, ÖVAG und Bawag. Die Bank Austria wird mit der Prüfung der italienischen Mutter Unicredit abgedeckt. Der Europäische Bankenverband hat sich bereits bei der EZB über einen "extrem detaillierten Fragebogen" beschwert, wie Bloomberg berichtete. Die Finanzagentur kommt auf 400 Millionen Euro, die der Bilanzcheck europaweit kosten dürfte. Prüfer haben derzeit Hochkonjunktur. Dazu kommen jene Leute, die die 128 betroffenen Banken für die Aufarbeitung der Fälle extra angeheuert haben. Die EZB spricht von 5000 Experten.

Zweck der Übung: Mängel sollen offengelegt und - notfalls mit frischem Kapital - beseitigt werden, um das Vertrauen in die Banken der Eurozone zu stärken. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, 10.4.2014)