Nüchternes Ambiente, schnörkelloser Auftritt: Irmgard Griss, Hypo-Aufklärerin in spe, will Ergebnisse bis Jahresende. Foto: Cremer

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Wien - Beiger Blazer, graue Haare, ein kahles Gewölbe, auf dem weißen Tischtuch nur ein Mikrofon und ein Glas Wasser: Die minimalistische Optik in der Aula der Akademie der Wissenschaften passt zum Auftritt von Irmgard Griss. Schnörkellos spricht die Spitzenjuristin, sie spart sich rhetorische Verrenkungen und pocht auf Präzision. Den fragenden Journalisten im Saal hört die 67-Jährige genau zu - um sie im Bedarfsfall wegen eines schlampig wiedergegebenen Zitats zu korrigieren.

Akribie ist gefragt, wenn sich Griss in den nächsten Monaten der Causa prima der heimischen Politik annehmen soll: Auf Geheiß Finanzminister Michael Spindeleggers sitzt die ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofs der neuen Untersuchungskommission hinsichtlich der Hypo-Affäre vor. Nun holt sich Griss Unterstützung für das Gremium - ausnahmslos im Ausland. Es sei in Österreich kaum jemand Sachkundiger zu finden, der in Sachen Hypo noch nicht von irgendeiner Seite beansprucht worden sei, sagt sie. Ihre Wahl fiel deshalb auf zwei Schweizer und zwei Deutsche.

Fachkenntnis und "absolute" Unabhängigkeit seien die Kriterien, die das in "Praktik und Wissenschaft" erfahrene Quartett einten: Manuel Amann ist Direktor des Instituts für Banken und Finanzen an der Uni St. Gallen, sein Schweizer Landsmann Carl Baudenbacher Präsident des Efta-Gerichtshofs. Ernst Wilhelm Contzen arbeitet als Präsident der Luxemburger Bankvereinigung, Claus-Peter Weber als Anwalt und Wirtschaftsprüfer.

Im Gegensatz zu Griss werden die vier Mitstreiter ihre Aufgabe nicht ehrenamtlich und damit zum Nulltarif wahrnehmen, sondern "aufwandsabhängig nach marktüblichem Salär" entschädigt. Starten soll die Arbeit am 2. Mai mit dem Studium der angeforderten Unterlagen, nach dem ersten Überblick wird die Kommission im Juni in Wien erstmals zusammentreffen. In der Folge soll dann die Befragung der Auskunftspersonen beginnen - sofern sich diese das gefallen lassen.

"Zwangsmittel haben wir keines, wir können niemanden vorführen", weiß Griss, gibt sich aber überzeugt, dass Schlüsselfiguren wie die Exfinanzminister Josef Pröll und Maria Fekter der Kommission selbstverständlich Rede und Antwort stehen werden. In puncto Akten - auch da sind die Untersucher auf Goodwill angewiesen - gebe es bereits Lieferzusagen von Bundes- und Kärntner Landesregierung, mit Finanzmarktaufsicht und Nationalbank liefen gerade diesbezügliche Gespräche. Natürlich könne es passieren, dass sich Begebenheiten mangels Belegen nicht klären ließen, sagt Griss. Wenn sich Zeugen drückten oder Akten unter Verschluss gehalten würden, werde das aber in den Berichten aufgezeigt.

Bericht als Basis für U-Ausschuss

Vom Auftraggeber werde sich ihr Team jedenfalls nicht gängeln lassen, verspricht sie: Das Finanzministerium werde keine Informationen früher bekommen als der Rest der Öffentlichkeit - das habe auch für die Besetzung der Kommission gegolten.

Bis Ende des Jahres will die Kommission per Bericht erste Ergebnisse vorlegen. Ob diese Arbeit einen Untersuchungsausschuss im Parlament, der sehr wohl Druckmittel bei der Hand hätte, ersetzen könne? Das seien zwei Paar Schuhe, erwidert Griss: Das Parlament habe die politische Verantwortung zu klären, der Kommission gehe es um die Darstellung des Sachverhalts - ohne "sachfremde", ergo "polittaktische" Überlegungen". Ein Entweder-oder sieht Griss in der Frage nicht: Der Kommissionsbericht könnte durchaus als Grundlage eines späteren U-Ausschusses dienen.

Dass dieser entgegen dem bisherigen Widerstand von SPÖ und ÖVP möglich werden könnte, zeichnete sich bei Verhandlungen im Parlament ab. Die sechs Fraktionen stellten dabei außer Streit, das Recht auf Einsetzung eines U-Ausschusses künftig einer Minderheit im Nationalrat zu überlassen. Damit die Einigung bis Sommer zustande kommt, sollen die Klubobleute am 24. April ihre Wünsche für die neue Verfahrensordnung deponieren. Danach sollen die zuständigen Abgeordneten mit Experten wöchentlich tagen, einmal pro Monat ist eine große Runde geplant. Die Opposition bleibt dennoch skeptisch. Beispiel Grüne: In puncto Verzögerungstaktik seien sie "gebrannte Kinder". (Gerald John, DER STANDARD, 10.4.2014)