Gutes Essen, toller Wein im Georgium: Markus Rath (links, Ex-Küchenchef bei Gerhard Fuchs, Kreuzwirt), Winzer Markus Gruze.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Ein zartblättriges, knusprig gebratenes Filet vom Amur.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Wie man auf die Idee kommt, ausgerechnet in Kärnten Wein machen zu wollen, das muss einem Markus Gruze erst einmal erklären. Nur wächst sich das dann zu einer längeren Geschichte aus, die an eigener Stelle nachzulesen sein wird.

Einstweilen nur so viel: Wer einen Schluck der burgundischen Weißweincuvée (Chardonnay, Weiß- und Grauburgunder) oder gar den Pinot Noir dieses Kärntner Phänomens im Glas hatte, will es wissen - auch wo man dieser unheimlich vielschichtigen, tiefgründigen und dezidiert auf Finesse ausgerichteten Gewächse habhaft werden kann. Wer jetzt gleich kosten will: Bei Unger und Klein am Wiener Rudolfsplatz sind Gruzes über Jahre auf der Maische vergorene, biodynamische Georgium-Weine vorrätig.

Zwischen Wirtshausküche und noblicheren Gerichten

St. Georgen am Längsee, wo seit dem Jahr 1000 ein mächtiges Kloster ansässig (und ab dem 12. Jahrhundert Weinbau nachweisbar) ist, besteht nur aus ein paar Häusern an einem kleinen, glasklaren See. Das Georgium, ein Bau mit eigenwilliger, ebenso eindringlicher wie in sich stimmiger Gestaltung, ist nur durch eine kleine Straße vom Wasser getrennt. Zuletzt kochte hier Tici Kaspar nach Stationen wie dem Londoner Nobu eine Küche, die sich durchaus auf der Höhe von Gruzes Weinen zeigte und bei Auskennern entsprechend schnell als vielleicht beste Adresse Kärntens gehandelt wurde.

Nachdem Kaspar ein Kind bekam und somit Wichtigeres zu tun hatte, begab Gruze sich ohne Hast auf die Suche nach neuen Pächtern. Markus Rath, als Küchenchef von Gerhard Fuchs im Kreuzwirt mit denkbar guten Referenzen ausgestattet, und seine Partnerin Bianca Hirschmugl fühlten sich erst ein paar Monate in die Aufgabe ein, seit Anfang April haben sie die Pacht übernommen.

Was die beiden in dem Raum mit dem gusseisernen Ofen und den Tischen aus massiven Balken eines Abbruchhauses im kroatischen Karst servieren, versteht es auf geschmeidige Weise, einen Bogen zwischen ländlicher Wirtshausküche und noblicheren Gerichten zu spannen.

Gottvolle Knödel

Variation von der Seeforelle, einerseits als Tatar mit einem Löffel kühl schmelzenden Rogens versehen, anderseits als in Öl konfiertes Filet mit roh gehacktem Karfiol, gehört eindeutig in die zweite Kategorie und kontrastiert die frische Süße des Fischs mit der herben Note des Karfiols, sehr gut.

Eine Kombo aus Grammelknödel, grüner Bratwurst und in Milch gegartem Bauch (alles vom hofeigenen Schwein!) gehört nur nominell in die Wirtshausecke - wie fantastisch diese Wurst schmeckt, wie sanft sich der Bauch ans knackige Sauerkraut schmiegt, wie unglaublich köstlich aber vor allem diese außen mürben, innen knusprigen Knödel sind, das will mit Garantie auch der "Gourmetgast" schmecken dürfen. Dasselbe gilt für ein zartblättriges, knusprig gebratenes Filet vom Amur (im Bild), dem konsistent meistunterschätzten heimischen Speisefisch - schnupft so gut wie jeden Zander mit links.

Das Georgium liegt an keiner Verkehrsachse - umso mehr lohnt es sich, hier einer stillen, ganz der Welt zugewandten und doch total in der Scholle verwurzelten Idee von Kärnten nachzuspüren, die man sich in diesem geschundenen Grenzland kaum noch zu träumen gewagt hätte. Schön! (Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 11.4.2014)