Wien - Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) sieht bei der geplanten Kürzung der Presseförderung und der Einführung von Förderhürden für Tageszeitungen das "letzte Wort noch nicht gesprochen". Er sei zwar kompetenzmäßig nicht zuständig, werde aber das Gespräch mit Medienminister Josef Ostermayer (SPÖ) suchen, sagte Brandstetter bei der Vorstandsklausur des Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ).

"Kritisch hinterfragen"

"Das Gesetz ist noch nicht beschlossen. Ich will das noch sehr kritisch hinterfragen." Vor allem über die im Ministerialentwurf vorgesehene Förderhürde von 17 hauptberuflichen Journalisten, die regionale Tageszeitungen künftig mindestens haben sollen, um Besondere Presseförderung beziehen zu können, möchte der Justizminister noch reden. Durch die Maßnahme will die Regierung zwei von knapp elf Millionen Euro bei der Presseförderung einsparen. Brandstetter: "Vielleicht lässt sich ja eine vernünftige Möglichkeit finden, diese zwei Millionen auf andere Weise einzusparen."

Steuererleichterungen denkbar

Punkto genereller Reform der Presseförderung zeigte sich der ÖVP-Minister gesprächsbereit. "Wenn es gelänge eine Konsenslösung zwischen Verlegern und Journalistengewerkschaft zu finden, könnte ich mir vorstellen, dass wir zu einem erfolgreichen Modell kommen. Ich glaube, dass man da etwas Besseres zustande bringen kann, als das, was es derzeit gibt. Bei der Presseförderung geht es schließlich auch um Förderung demokratiepolitischer Reife, insbesondere der Jugend." Denkbar sind für Brandstetter etwa auch Steuererleichterungen für Zeitungen. Presseförderung für Gratiszeitungen kann sich der Justizminister indes nur schwer vorstellen.

Brandstetter nahm in Vertretung von Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) am Sonntagnachmittag an der VÖZ-Tagung in Zürs teil, um über die medienpolitischen Vorhaben der Bundesregierung zu berichten, stellte aber offen klar: "Die Bundesregierung hat derzeit keine aktuellen medienpolitischen Vorhaben."

 VÖZ für Reform auf Basis der Haas-Studie 

VÖZ-Präsident Thomas Kralinger sprach sich dafür aus, Gespräche über eine Reform der Presseförderung möglichst rasch auf Basis einer vom Bundeskanzleramt beauftragten Evaluationsstudie aufzunehmen. Der kürzlich verstorbene Kommunikationswissenschafter Hannes Haas hatte sich darin dafür ausgesprochen, die Presseförderung effektiver zu gestalten und nach qualitätsorientierten Kriterien zu vergeben. Zudem hatte Haas für eine Erhöhung und zeitlich begrenzte Sonderdotierungen für Print-Online-Projekte sowie eine stärkere Leseförderung plädiert. "Tageszeitungen leisten einen unersetzlichen Beitrag für Lesekompetenz und politische Bildung. Das muss der Republik etwas wert sein", erklärte Kralinger.

Missverhältnis

Auch Moser Holding-Geschäftsführer Hermann Petz plädierte am Arlberg für einen "Neustart" bei der Reform der Presseförderung. Eugen A. Russ, Herausgeber und Eigentümer der Vorarlberger Russmedia-Gruppe, verwies auf das "eklatante Missverhältnis" zwischen öffentlichen Inseraten bzw. Regierungsinseraten und Presseförderung. 200 Mio. Euro öffentliche Inseratengelder stünden künftig nur knapp neun Mio. Presseförderung im Jahr gegenüber. "Das zwanzigfache der Presseförderung wird nach Gutsherrenart verteilt und lässt eine Freunderlwirtschaft entstehen, die für beide Seiten nützlich ist."

Abhängigkeiten

Das Geschäftsmodell der Gratis-Tageszeitungen fuße etwa maßgeblich auf solchen öffentlichen Inseraten, und bis zu 50 Prozent der Erlöse stammten aus solchen Werbeaufträgen. In Deutschland oder der Schweiz seien drei bis vier Prozent normal. "Man kann sich vorstellen, welche Abhängigkeiten da entstehen", so Russ, dessen "Neue Vorarlberger Tageszeitung" neben der "Salzburger Volkszeitung" von den Kürzungen und der 17-Journalisten-Hürde betroffen wäre. "Verstehen sie mich bitte nicht falsch: Werbung, Kommunikation und Inserate der öffentlichen Hand haben ihre Berechtigung und sind wichtig. Das Missverhältnis zur Presseförderung auf gesetzlicher Basis macht jedoch betroffen." (APA, 7.4.2014)