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Foto: AP/Rogelio Solis

Rapperswil-Jona/Paris - Die beiden weltweit führenden Zementhersteller Holcim und Lafarge haben den Endspurt zur größten Fusion in der Geschichte der Branche eingeläutet. Die Firmen aus der Schweiz und Frankreich einigten sich auf die Konditionen eines Zusammenschlusses, wie eine mit der Situation vertraute Person am Sonntag sagte.

Am Montag solle das Geschäft offiziell bekanntgegeben werden. Dadurch würde ein neuer Branchenprimus mit einem Marktwert von rund 40 Mrd. Euro entstehen. Die größte Fusion in Europa seit der Mega-Übernahme von Xstrata durch Glencore in der Rohstoffbranche 2013 dürfte aber die Wettbewerbshüter auf den Plan rufen. Mit deren möglichen Einwänden beschäftigen sich Holcim und Lafarge bereits, wie der Insider ergänzte.

Weltmarktführer Holcim werde ein öffentliches Gebot für Lafarge vorlegen. Es solle ein reiner Aktien-Deal werden, führte der Insider aus. Das hatte zuvor auch schon die Zeitung "Le Figaro" berichtet. Der neue Konzern soll demnach seinen Hauptsitz in der Schweiz haben, weitere Führungszentren aber sowohl in Frankreich als auch in der Schweiz behalten.

Lafarge-Boss Bruno Lafont wird als Chef des künftigen Branchenriesen gehandelt. Der Verwaltungsratsvorsitzende soll dagegen aus der Schweiz kommen.

Investoren

Hinter beiden Konzernen stehen milliardenschwere Investoren: So haben bei Holcim der aus der Gründerfamilie stammende Thomas Schmidheiny sowie der russische Zementmagnat Filaret Galtschew tragende Rollen. Die beiden größten Aktionäre bei Lafarge sind die Holding des Belgiers Albert Frere, Groupe Bruxelles Lambert, und der ägyptische Hotel-Großinvestor Nassef Sawiris, der zuletzt in großem Stil beim deutschen Reiseanbieter FTI eingestiegen war.

Lafarge lehnte eine Stellungnahme zu den Informationen ab, Holcim war nicht erreichbar. Bereits am Freitag hatten beide Unternehmen mitgeteilt, sie befänden sich in fortgeschrittenen Verhandlungen über einen "Zusammenschluss unter Gleichen".

Ein aus Holcim und Lafarge hervorgehender Konzern würde einen Umsatz von über 30 Milliarden Euro erwirtschaften. Bei Holcim sind derzeit rund 71.000 Menschen in 70 Ländern beschäftigt, bei Lafarge etwa 65.000 in 64 Staaten. Beide Konzerne blicken auf eine lange Tradition zurück: Als Holcim 1912 gegründet wurde, hatte Lafarge schon in den 1860er-Jahren den Zement zum Bau des Suez-Kanals geliefert.

Die Franzosen und Schweizer wollen nach der Fusion gemeinsam Kosten sparen sowie Schulden abbauen. Aus einer gestärkten Position heraus wollen sie zudem auf steigende Energiekosten und eine sinkende Nachfrage reagieren, die die Branche seit 2008 gebeutelt hat. Sowohl in den USA als auch in Europa würde das neue Zement-Imperium den Markt beherrschen.

Gute Ergänzung

Holcim und Lafarge warben am Freitag für ihre Pläne mit der Begründung, dass sich ihre Geschäfte gut ergänzten. Lafarge ist Analyst Abdelkader Benchiha von der Investmentbank Natixis zufolge in Afrika und im Nahen Osten stark, Holcim dagegen in Lateinamerika. Schwellenländer sind der Wachstumsmotor der Zementbranche, weil sie angesichts des starken Bevölkerungswachstums viele Wohnhäuser, Straßen und Dämme bauen.

Trotz der dominierenden Stellung in Europa und den USA könnte eine Fusion der Branche neuen Schub geben. Durch den Abbau von Überkapazitäten dürften auch Firmen wie die deutsche HeidelbergCement auf ein Ende des harten Preiskampfs hoffen. Zudem könnten Holcim und Lafarge von den Wettbewerbsbehörden gezwungen werden, Filetstücke aus den Geschäftsportfolios auf den Markt zu werfen.

Branchenkennerin Elizabeth Collins vom Analysehaus Morningstar macht in Deutschland, Frankreich, Spanien, Tschechien, Rumänien und Serbien Überlappungen aus. Ein Verkauf von Produktionswerken und Verteilungszentren dürfte allerdings Zeit in Anspruch nehmen. Selbst verschiedene kleinere Transaktionen in der Branche waren zuletzt auf Widerstand der Wettbewerbshüter gestoßen, warnte ein Analyst. So nehmen die Kartellwächter den geplanten Beteiligungstausch von Holcim und der mexikanischen Cemex in Europa unter die Lupe. Holcim will in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden Geschäftsteile von Cemex übernehmen. Im Gegenzug soll die tschechische Holcim-Tochter Csesko an Cemex verkauft werden. (APA/Reuters, 6.4.2014)