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EZB-Präsident Mario Draghi ließ mit seinen Aussagen den Eurokurs purzeln

Foto: AP/Probst

Frankfurt - Die Europäische Zentralbank (EZB) steht womöglich kurz vor dem Einsatz noch schwererer Geschütze. EZB-Chef Mario Draghi signalisierte am Donnerstag seine Bereitschaft, eine für die Konjunktur gefährliche Deflationsspirale auch mit ungewöhnlichen Mitteln verhindern zu wollen - nämlich mit dem massiven Ankauf von Wertpapieren, mit denen die Geldmenge aufgebläht werden könnte.

Eine solche Strategie der "quantitativen Lockerung" fahren bereits die US-Notenbank Federal Reserve und die japanische Notenbank. Die EZB hat das bisher auch wegen Bedenken der deutschen Bundesbank nicht in Betracht gezogen.

Allerdings haben die anhaltend niedrige Inflation in der Eurozone und die einsetzende Deflation, also ein breiter Preisverfall, in einigen Eurostaaten wie Spanien nun zu einem Umdenken geführt.

Leitzins bleibt bei 0,25 Prozent

"Wir schließen eine weitere Lockerung der Geldpolitik nicht aus", sagte Draghi in Frankfurt. "Wir sind entschlossen, unsere konjunkturstimulierende Geldpolitik so lange wie nötig beizubehalten." Der EZB-Rat beließ den Leitzins für die 18 Euroländer auf dem Rekordtief von 0,25 Prozent und enttäuschte damit Hoffnungen auf mehr an den Börsen.

Der EZB-Rat sei sich darin einig, dass bei Bedarf "alle im Rahmen unseres Mandats verfügbaren Mittel eingesetzt werden können", um zu verhindern, dass die Phase einer niedrigen Inflation zu lange andauert. Dazu gehörten auch "unkonventionelle Mittel" wie Wertpapierkäufe in großem Stil, erklärte Draghi. Der Euro fiel daraufhin deutlich auf fast 1,37 Dollar.

Ein solcher Schritt sei im EZB-Rat ebenso diskutiert worden wie auch eine mögliche Zinssenkung, so Draghi. Nicht einig gewesen seien sich die Notenbanker darin, ob der Rückgang der Inflation im März auf nur noch 0,5 Prozent zeitlich begrenzt sei oder das Bild grundsätzlich geändert habe.

IWF fordert rasche Lockerung

Wegen der niedrigen Teuerungsrate im Euroraum hatten manche Ökonomen und auch der Internationale Währungsfonds (IWF) in den vergangenen Tagen eine weitere Zinssenkung gefordert, um eine ruinöse Abwärtsspirale von Löhnen, Preisen, dem Konsum und Investitionen abzuwehren. Niedrigere Zinsen beleben tendenziell die Konjunktur und können so indirekt zu steigenden Preisen führen.

Das Gros der Experten hatte damit gerechnet, dass die EZB dieses Mal noch stillhält, weil die geringe Teuerung hauptsächlich auf das Sinken der Lebensmittel- und Energiepreise zurückgeht. Draghi schloss sich dieser Sichweise an. "Wir sehen nicht, dass das Risiko einer Deflation gestiegen ist."

Der Einsatz von Wertpapierkäufen sei vor allem deshalb erwogen worden, weil mit zunehmender Dauer einer niedrigen Inflation die Wahrscheinlichkeit steige, dass Verbraucher und Unternehmen das Vertrauen in die Stabilität des Euro verlören. "Das ist der Grund, warum wir über 'Quantitative Easing' diskutiert haben", sagte Draghi.

Vorbilder USA, Großbritannien und Japan

"Quantitative Easing" (quantitative Lockerung) ist der Fachausdruck der Notenbanker für Wertpapierkäufe mit dem Ziel, die Teuerung künstlich anzuheizen. Zu diesem Mittel haben in den vergangenen Jahren bereits die Zentralbanken in den USA, Großbritannien und Japan gegriffen, um die Wirtschaft anzukurbeln - teilweise mit guten Erfolgen. In Deutschland ist dieses Werkzeug allerdings wegen möglicher Risiken und Nebenwirkungen verpönt. Es wird befürchtet, dass dadurch die Inflation kräftig angeheizt wird.

Allerdings hatte Bundesbank-Chef Jens Weidmann zuletzt seine Bereitschaft angedeutet, im Fall der Fälle auch eine solche Form der Geldpolitik im EZB-Rat mitzutragen. Er hatte zudem erklärt, auch ein Strafzins für Banken sei denkbar, um diese dazu zu bewegen, mehr Geld als Kredite an Firmen und Haushalte zu vergeben - anstatt es bei der EZB zu parken.

Draghi sagte, über einen solchen Strafzins sei eingehend diskutiert worden. Wie Weidmann zeigte er sich grundsätzlich offen für den Ankauf von privaten Wertpapieren anstatt von Staatsanleihen wie beim klassischen "Quantitative Easing". Durch den Erwerb von Verbriefungen oder Bank-Anleihen könnte die EZB versuchen, die Banken zur Kreditvergabe zu ermuntern. (Reuters, red, 4.4.2014)