Unter dem Pseudonym Andreas Mölzer hat F. X. Seltsam in der aktuellen Nummer der freiheitsliebenden Postille "Zur Zeit" nun all den Kritikern geantwortet, die immer wieder Anlass zu Ausritten der Jagdgesellschaft geben, weil ihnen jedes Gefühl für Satire fehlt. Vielleicht war es diesmal auch nicht Andreas Mölzer, denn der tritt, wie seit neulich bekannt, in ganz verschiedenen Seltsamkeiten auf. Einmal als Kämpfer gegen Europas Absturz in ein Negerkonglomerat, dann als der, der es nicht gewesen sein will, dann als der, der sich nicht erinnern kann, in der Folge als Warner vor einem nekrophilen Konglomerat Europa und schließlich - wie eben in "Zur Zeit" - mit dem so hartnäckig hinausgezögerten Bekenntnis zur Formulierung "Neger-Konglomerat", die aber "in der Hitze des polemisch, ironischen Wortgefechts" gefallen und damit nichts anderes sei als ein Ausdruck des Abscheus vor jeder Form von Rassismus.

Jedenfalls so weit, als man diesen im Kreise der freiheitlichen Gesinnungsge- meinheit zum Ausdruck bringen darf. Dort kann man diese Dialektik der Charakterlosigkeit mühelos nachvollziehen, und Kritiker daran in Pawlow'schen Reflexen beschuldigen, "Hochämter der Heuchelei und des Denunziantentums" zu feiern, obwohl es sich auch in diesem Fall doch eindeutig um die Selbstdenunziation eines polemisch, ironischen Darmwindbeutels auf Synonymwanderschaft handelt, der auf Verjährung pocht, weil sich die "Empörung der Linksjournalisten" erst sechs Wochen nach der Etablierung des Negerkonglomerats Europa im EU-Wahlkampfdiskurs einstellte. Wo das Verständnis dafür fehlt, dass die Zeit von sechs Wochen alle Wunden heilen sollte, die der Zivilisation polemisch, ironisch geschlagen werden, von denen darf man keine Empfänglichkeit für jene Art von Satire erwarten, wie sie etwa dem Vergleich der EU mit dem Terrorregime der Nazis innewohnt.

Einige der hiesigen Humorlosen haben darauf den Rücktritt des Kandidaten Seltsam alias Mölzer verlangt, was von diesem vermutlich als möglicher Popularitätsverstärker einkalkuliert war. Auch die Kritik schwedischer Gesinnungsfreunde im europäischen Extremistenkonglomerat muss ihn wenig stören, sie wird anderswo aufgewogen. Zu einem wirklichen Problem aber könnte im Wahlkampf für die FPÖ werden, dass er einem talentierten Ballesterer, mit dessen Konterfei und Aussagen der Boulevard so gern Geschäfte betreibt, dessen Bekenntnis, ein "echter Wiener" zu sein, durch den Hinweis, er sei pechrabenschwarz, zu trüben versuchte.

Wenn Wien endlich einmal einen Fußballer hervorbringt, dessen Begabung Anlass zu nationalem Stolz ist, hat der Rassismus auf den Titelseiten der "Kronen Zeitung", ja sogar in der Leserbriefrubrik, sein Recht verloren, mag er in der Entlarvung jedes Hendldiebes auf den Chronikseiten noch so große Triumphe feiern. Mit diesem Ausrutscher macht es Seltsam-Mölzer der Familie Dichand schwer, ihn und sein EU-Konzept zu fördern. Aber sie bemüht sich. "Rassismus? FP-Mölzer soll Alaba verunglimpft haben", versuchte "Heute" am Mittwoch zu retten, was noch zu retten ist. Das Blatt hätte auf Verjährung plädieren können. Verunglimpft hat Seltsam schon 2012. (Günther Traxler, DER STANDARD, 4.4.2014)