Dass der Pilotenstreik bei der Lufthansa in Deutschland auch bei jenen Thema Nummer eins ist, die gar nicht betroffen sind, also weder auf die Bahn ausweichen noch im Feldbett am Flughafen übernachten müssen, hat seine Gründe. Eindrucksvoll wird den Deutschen gerade wieder einmal vor Augen geführt, was eine kleine, schlagkräftige Gewerkschaft alles ausrichten kann.

Alle Flüge(l) stehen still, wenn ihr starker Arm es will. Einerseits ist dies natürlich das gute Recht der Piloten. Das Streikrecht ist eine wichtige Errungenschaft, und es gilt für alle Arbeitnehmer. Zudem hat ein Arbeitskampf, den der Arbeitgeber nicht spürt, auch wenig Sinn.

Andererseits darf man im Falle der Lufthansa-Piloten die Frage nach der Verhältnismäßigkeit stellen. Drei Tage lang wird ein Konzern völlig lahmgelegt. Nicht nur die finanziellen Auswirkungen sind gravierend, auch das Image der Kranich-Airline, die mit ihrer Zuverlässigkeit wirbt, ist schwer angekratzt. Es leiden Kunden und die anderen, weniger gut entlohnten Beschäftigten der Lufthansa.

Bei allem Verständnis dafür, dass die Piloten mehr für sich herausholen wollen - sie können auch den Kostendruck, dem die Lufthansa durch Billigkonkurrenz im eigenen Land und durch arabische Fluglinien ausgesetzt ist, nicht völlig außer Acht lassen. Wer dies nicht sehen will, ist abgehoben und bereitet schon - nach einem möglichen Pyrrhussieg - den Boden für das nächste Sparpaket. (Birgit Baumann, DER STANDARD, 02.4.2014)