Österreich suhlt sich in der Mittelmäßigkeit, auch dieses Mal wieder: Im Kompetenzbereich "Problemlösen" liegen die österreichischen Schüler im internationalen Mittelfeld. Das ist das Ergebnis einer Teilauswertung einer Pisa-Studie, die im Jahr 2012 durchgeführt und jetzt veröffentlicht wurde. Es ist nicht wirklich überraschend, manch einer wird sogar aufatmen. Wir sind nicht schlecht. Immerhin.

Allerdings: Wir sind auch nicht gut. Wir sind Mittelmaß. Wie unsere Regierung. Die zeigt auch keine Ambition, duckt sich weg in der Mittelmäßigkeit. Statt aufzuzeigen und die Herausforderung zu suchen, werden Zustände verwaltet und Probleme kleingeredet.

Der Pisa-Test ist sinnbildlich ein gutes Beispiel für die Bundesregierung, für die Verwaltung, für den Umgang mit Herausforderungen. Diesmal wurden nicht Disziplinen wie Mathematik oder Naturwissenschaften getestet, sondern der Kompetenzbereich Problemlösen. Ein Feld also, bei dem es nicht nur ums Lernen, ums Auswendiglernen, um fachspezifisches Wissen, um Fleiß und Eifer geht, sondern das lebensnah ist: Probleme erkennen, angehen und lösen. Dazu braucht man Verstand und Verständnis, Kreativität und vielleicht Erfindergeist, eigenständiges Denken. Wichtige Voraussetzungen nicht nur für die Schule, sondern für das Leben, für die Wirtschaft, für die Wissenschaft, für den Beruf. Simples Beispiel: So mussten an einem virtuellen Fahrscheinautomaten bestimmte Tickets gekauft oder auf einer Straßenkarte die schnellste Route von einem Ort zum anderen identifiziert werden.

Ganz typisch ist, wie die Regierung nun mit dem Pisatest verfährt, der innerhalb der OECD-Staaten koordiniert wird und alle drei Jahren stattfindet. Österreich will nicht besser werden. Österreich bemüht sich nicht, die Leistung zu verbessern, die Kompetenz zu erhöhen, Schüler und Lehrer zu fordern, Anreize zu setzen, das System zu verbessern, am Lehrplan zu arbeiten.

Österreich steigt aus dem Pisa-Test aus. Österreich taucht sozusagen in der Mittelmäßigkeit unter und versucht sich bildungsmäßig unsichtbar zu machen. Keine Leistungstests mehr, keine Vergleiche. Lieber still und stumm weiterwursteln, ohne dass jemand zusieht und Noten vergibt.

Das ist blamabel. Egal, ob man das aus einem nationalen Sichtwinkel betrachtet oder aus der internationalen Perspektive: Diese österreichische Form der Problemlösung ist nicht kreativ, diese Form der Verweigerungshaltung ist armselig.

Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek steht für diese mutlose Art der Politik, und man kann sich nur wundern. Sie hat unter der fadenscheinigen Ausrede eines Datenlecks, das mit der Pisa-Studie in keinem Zusammenhang steht, die Teilnahme an dem internationalen Testverfahren aufgekündigt. Es ist überraschend, wie schnell Heinisch-Hosek in ihrer neuen Rolle als Unterrichtsministerin ihren Kredit als kompetente und problemlösungsorientierte Politikerin verspielt und ohne große Not der Überforderung Platz eingeräumt hat.

Der Mut, den Heinisch-Hosek als Frauenministerin noch hatte, als sie Forderungen in den Raum stellen konnte, denen ohnedies nicht nachgekommen wurde, ist ihr in jenem Ressort, in dem es an die Machbarkeit und um Umsetzung geht, abhandengekommen. Sie richtet sich in der Mittelmäßigkeit ein. Die Verösterreicherung hat von ihr Besitz ergriffen. (Michael Völker, DER STANDARD, 2.4.2014)