Im einstigen Bürgerspital von Vorchdorf findet sich eines der herausragenden Restaurants des Landes.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Haxelsulz mit Linsensalat.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Tanglberg, das ist der Stoff, aus dem Legenden sind. Das einstige Bürgerspital von Vorchdorf ist ein Renaissancebau aus dem 16. Jahrhundert, ein unheimlich stimmungsvoll gestaltetes Ensemble mit richtig guter, zeitgenössischer Kunst, eines der wenigen wirklich herausragenden Restaurants des Landes. Rainer Stranzinger kocht seit Jahren wie ein junger Gott in Frankreich, Gastgeberin Ricki Staudinger beweist, dass Weltläufigkeit und Verwurzelung in der Region auch bei uns zusammengehen können.

Seit Spätherbst ist mit dem Wirtshaus im Schloß Hochhaus, einem behäbigen Bau am Hauptplatz, ein weiteres Standbein dazugekommen. Im Erdgeschoß war seit mehr als 100 Jahren immer ein Wirtshaus, zuletzt, so berichten Ortskundige, bewies ein gewisser "Schloss-Rudi" hier beachtliche Steherqualitäten als Wirt und bester Gast in Personalunion.

Tanglberg-Mastermind und Galerist Erich Spitzbart ließ erst einmal ordentlich rückbauen, um den bajuwarischen Wirtshauscharakter mit Holzboden, langen Bänken, rohen Tischen, Thonet-Stühlen und mächtigen Gewölben wieder so herzustellen, dass man schon beim Hereinkommen weiß: Das wird jetzt schmecken. Dementsprechend vollbesetzt sind die Tische in den drei Sälen - ohne Reservierung wird's schnell eng.

Bestimmung gefunden

In der Küche werkt mit Robert Hochbrugger ein Mann, der zuletzt im "Das Traunsee" als Sous-Chef (in der fulminanten Eröffnungsmannschaft!) und als Küchenchef im Ohlsdorfer Waldesruh zugange war. So wie das Wirtshausessen im Hochhaus schmeckt, scheint er seine Bestimmung aber jetzt gefunden zu haben. Man wird nämlich im Land kaum eine zweite Adresse finden, die bei Vollauslastung ein derart finessenreiches, ausgeklügeltes Programm fährt wie hier.

Das beginnt beim Butterbrot mit Sardellen und köstlicher Weißwurst mit Breze zum schnellen Glas an der Schank und setzt sich mit der duftigen, stets mit Markscheiben servierten Rindsuppe fort - wahlweise mit gebratenem Kalbsleberknödel (wow!), Markknödel, Frittaten oder Griesnockerl, über allwöchentliche Innereien-Donnerstage mit Herrlichkeiten wie Kalbshirn mit Ei (verdammt nah am Ideal, mollig, süßzwiebelig, butterig) bis zum Backhendel, das hier wohlweislich ein gebackener Junghahn ist.

Nicht bloß, weil die Verwendung von Hähnen in der Küche ein ethisches Gebot ist (in der herkömmlichen Mast werden Hähne am Tag nach dem Schlüpfen getötet), sondern auch, weil ihr Fleisch ungleich konsistenter als das der Turbohendln schmeckt. Dazu gibt es Erdäpfel-Gurken-Salat und - im Westen unvermeidlich - Preiselbeeren.

Butter, Butter, Spätzle

Haxelsulz mit Linsensalat (im Bild) ist nur zart geliert, pur, köstlich. Rehragout gerät dicht, dunkelfruchtig, von herausragender Fleischqualität, mit knackigen Kohlsprossen, nelkenduftigem und keineswegs süßem Rotkraut sowie einem richtig butterigen Serviettenknödel. Die Butterspätzle zum intensiv paprizierten Kalbsgulasch wären ob ihres zart elastischen Bisses und der hintergründigen Muskatnote eine eigene Hymne wert, bei den Nachspeisen darf man sich die Sorbets ebenso wenig entgehen lassen wie die Haselnussohren mit Bittermandeleis. Es gibt also echt keinen Grund, die Pause auf der Westautobahn nicht tunlichst an diese fantastische Adresse zu verlegen, kaum zwei Minuten von der Ausfahrt Vorchdorf entfernt.

Sakra, was für ein Wirtshaus: Schloß Hochhaus im oberösterreichischen Vorchdorf kommt dem Ideal verdammt nahe. (Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 4.4.2014)