Herbert Gottweis, 1958-2014.

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Wien - Er war ein politologischer Pionier – und beim Beschreiten diesen dieses Neulands höchst erfolgreich: Herbert Gottweis hat sich als erster Vertreter seines Fachs in Österreich mit den Auswirkungen der Lebenswissenschaften auf Gesellschaft und Politik befasst. Dabei setzte er sowohl in der Forschung wie auch in der Lehre viele innovative Impulse, die ihn weit über seine Disziplin und über Österreich hinaus große Anerkennung eintrugen.

Nach dem Studium an der Universität Wien wurde Gottweis zunächst Assistent an der Uni Salzburg, ehe er sich der Erforschung der Gen- und Biotechnologie zuwandte - gegen den Rat mancher Kollegen, die nicht davon überzeugt waren, dass sich diese Forschungsbereiche etablieren würden. Er habe bewusst ein Thema gewählt, dass nicht schon "überforscht" sei, sagte Gottweis später, und hat damit recht behalten.

Forschungsaufenthalte führten ihn unter anderem an die Harvard University, ans Massachusetts Institute of Technology (MIT) und an die Cornell University. Das Ergebnis war 1997 "Governing Molecules", Gottweis’ Habilitationsschrift, die beim renommierten Verlag MIT Press erschien und die bis heute ein Standardwerk über die Forschungspolitik der Biotechnolologie darstellt. "Wenn wir die Debatten beurteilen wollen, dann müssen wir die naturwissenschaftlichen Details kennen", lautete sein Credo - und so wurde der Politologe selbst zum Experten der Biowissenschaften.

Ein Jahr nach seiner Habilitation berief ihn die Universität Wien zum Professor für Politikwissenschaft, wo er unter anderem die innovative Forschungsplattform Life Science Governance gründete. Im Rahmen dieses Schwerpunkts zu Erforschung der Lebenswissenschaften aus politologischer Perspektive förderte er etliche junge Talente und suchte nicht nur den Dialog mit der Biomedizin, sondern auch mit den Medien.

Einige Interviews mit Gottweis und Berichte über seine Forschungen erschienen auch im "Standard" - schließlich zählten seine Projekte unter anderem über den gesellschaftlichen und politischen Umgang mit Bio-Banken oder über die Erwartungen und Hoffnungen, die mit der Biotechnologie verbunden sind, mit zum Spannendsten, das die heimischen Sozialwissenschaften in den letzten Jahren zu bieten hatten. Und er selbst nahm sich kein Blatt vor den Mund, wenn es etwa um die heimische Technologieskepsis ging.

Neben seiner in jeder Hinsicht anregenden Tätigkeit an der Universität Wien war der Politikwissenschafter von 2005 bis 2013 zudem Vizepräsident des Wissenschaftsfonds FWF. Mit Gottweis, der im Alter von 56 Jahren nach langer schwerer Krankheit in Wien starb, verlieren die Sozialwissenschaften in Österreich einen ihrer innovativsten und international angesehensten Vertreter. (tasch, derStandard.at, 31.3.2014)