Bildung scheitert an Diskriminierung.

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Kinder von Migranten ("zweite Generation") brechen Schule und Lehre öfter ab, haben niedrigere Bildungsabschlüsse, bekommen seltener eine ihrer Qualifikation entsprechende Stelle, so die Statistik. Dabei streben gerade Frauen der zweiten Generation oft höhere Bildung an, scheitern aber an Diskriminierung. Zu diesem Ergebnis kommt eine am Mittwoch präsentierte Studie, in der Strategien für mehr Weiterbildung dieser Gruppe entwickelt wurden. In Österreich existiert relativ wenig Wissen über Frauen der zweiten Generation.  Abz*austria hat gemeinsam mit dem Bildungszentrum Saalfelden, basierend auf der Studie „Standpunkt Bildung, Bildungswünsche und -bedarfe von Frauen der zweiten Generation“,  Handlungsmöglichkeiten für den Bildungsbereich formuliert.

Befragten  wurden 37 Frauen zwischen 19 und 35 mit Eltern aus der Türkei oder Exjugoslawien zu ihren diskriminierenden Erfahrungen in Kindergarten, Schule und am Arbeitsmarkt, wobei Frauen mit türkischen Wurzeln stärker betroffen sind. Die größten Hemmnisse am Weg zu höherer Bildung waren die Zuweisung in die Sonderschule, in schlechtere Leistungsgruppen oder die "automatische" Empfehlung für die Hauptschule.

Manuela Vollmann, Geschäftsführerein von abz*austria hält fest, "dass auch die sogenannten Frauen der 2. Generation sich wünschen, dass es mehr Wissen über ihre Lebensrealitäten und Wünsche gibt und dass sie sich durch die Angebote der Erwachsenenbildung angesprochen fühlen“. Eigens für sie entwickelte, spezielle Bildungsangebote werden von den Frauen nicht als notwendig erachtet, umso wichtiger sei es aber sie schon in der Phase der Projekt- bzw. Angebotsentwicklung einzubeziehen.

Benachteiligung bei Lehrstellensuche

Bei der Lehrstellensuche berichten vor allem Frauen mit Kopftuch von Diskriminierung, die Berufsausbildung fand bei den Befragten oft in schlecht bezahlten Bereichen (Handel, Gastronomie) statt. Als Reaktion darauf, dass die Mehrheitsgesellschaft sie noch immer als Ausländerinnen sieht, obwohl sie selbst sich als Österreicherinnen definieren, ziehen sich die Frauen häufig in ihre Community zurück.

Petra Gregorits, Vorsitzende von Frau in der Wirtschaft, erläutert, "dass von insgesamt 120.000 Unternehmen in Wien, jedes dritte Unternehmen von einer Person mit Migrationshintergrund geführt wird. 60 Prozent der Unternehmen exportieren, viele Menschen mit Migrationshintergrund nehmen auch deshalb eine wichtige gate keeper Funktion ein.“ Generell sei die Integration in der Wirtschaft besser gelungen als in der Gesellschaft. Auf Grund von demographischen Entwicklungen, generell steigender Lebenserwartung und besser qualifizierten Frauen müssen sich Unternehmen aber strategisch  überlegen, wie es zu einem Mehrwert und Nutzen von Diversität kommen kann, ergänzt Gregorits.

Wo Verbesserungspotenziale liegen

Die Liste der Lösungsvorschläge ist lang und umfasst u.a. mehr muttersprachliche Information der Eltern zum österreichischen Schulsystem, eine bessere Verteilung von Kindern mit Migrationshintergrund auf verschiedene Klassen und Schulungen von Lehrern sowie Schulleitern in interkultureller Kompetenz, um die wachsende Zahl von Migrantenkindern gut betreuen zu können. Wichtig wäre laut den Empfehlungen auch ein leichterer Wechsel zwischen den Schultypen, bessere Angebote zur Berufsorientierung auch durch Berater mit Migrationshintergrund und Lobbying bei Lehrbetrieben und Unternehmen zu den Vorteilen von Mehrsprachigkeit.

Um Frauen der Zweiten Generation mit niedriger Bildung zu erreichen, brauche es außerdem niederschwellige Strategien, um den Frauen den Nutzen von Weiterbildung zu vermitteln - etwa Informationen bei Eltern-Kind-Treffen, Familienberatungsstellen, in Kindergärten etc. in Zusammenarbeit mit ethnischen Vereinen. Die Experten fordern außerdem mehr Möglichkeiten, neben dem Beruf Aus- und Weiterbildungen zu absolvieren, wobei für diese Zeit der Lebensunterhalt und die Kinderbetreuung gesichert sein müssten.

Und: „Es braucht mehr als punktuelle Beratung, es geht darum Frauen über einen längeren Zeitpunkt auszubilden und zu begleiten", sagt Vollmann. Vor allem für ländliche Regionen müssten Lern- und Bildungsmöglichkeiten durch den Ausbau niederschwelliger Blended-Learning und E-Learning-Modelle zugänglicher gemacht werden, so Vollmann weiter. (red, derStandard.at, 27.3.2014)