Die nächste weitreichende Reform im europäischen Fußball ist auf Kurs. Neben der EM samt ihrer Qualifikation wird die UEFA künftig einen zweiten Bewerb für Fußball-Nationalteams ausrichten. Über die sogenannte Nations League sollen vier Startplätze für die EM 2020 vergeben werden. Eine entsprechende Resolution verabschiedete der UEFA-Kongress in Astana am Donnerstag einstimmig.
Für kleinere nationale Verbände wie den ÖFB ergeben sich aus dem neuen Bewerb, der erstmals nach der WM 2018 im Zwei-Jahres-Rhythmus ausgetragen werden soll, mehrere Vorteile. "Der neue Wettbewerb ist eine Aufwertung gegenüber den bisherigen Freundschaftsspielen. Und es ist eine neue Chance, sich für ein Großereignis zu qualifizieren", erklärte ÖFB-Präsident Leo Windtner.
TV-Rechte von der UEFA vermarktet
Die TV-Rechte an der Nationenliga sollen wie bei der weiterhin bestehenden EM-Qualifikation zentral von der UEFA vermarktet werden. "Wichtig ist, dass die finanzielle Absicherung für die nationalen Verbände auch nach 2018 gegeben ist", betonte Windtner, der sich darüber freute, dass der ÖFB "als kleiner nationaler Verband aktiv und positiv" an der Nations League mitgewirkt hat.
20 Startplätze für die in ganz Europa ausgetragene EM 2020 sollen über die weiterhin bestehende EM-Qualifikation vergeben werden. Dazu kommen laut UEFA-Plan vier Wildcards für die jeweiligen Sieger der nach ihrem Stärkekoeffizienten in vier Divisionen eingeteilte Nations League, in der auch um Auf- und Abstieg gespielt werden soll. Österreich wäre derzeit in der zweithöchsten Klasse (Division B) angesiedelt.
Wildcard-Modus auch für WM?
Sollten die Teams aus der stärksten Division A bereits für die EM qualifiziert sein, würde die Wildcard aus der Elite in die zweithöchste Stufe rutschen. Nicht nur aus diesem Grund will Windtner die Gruppenzugehörigkeit wahren. "Es gibt in der zweiten Gruppe sicher auch attraktivere Gegner", sagte der ÖFB-Präsident. "Erstes Ziel ist es aber weiterhin, sich über die normale Qualifikation für ein Turnier zu qualifizieren."
Die UEFA hat das Starterfeld bereits für die EM 2016 auf 24 vergrößert. Bei einer WM stehen Europa deutlich weniger Plätze zur Verfügung. Dennoch soll der Wildcard-Modus über die Nations League laut Windtner in einer modifizierten Form ab der WM 2022 in Katar auch für FIFA-Turniere zur Anwendung kommen. "Da werden aber noch einige Beratungen notwendig sein", meinte der Verbandschef.
Finalphase in Division A
Auch die finanziellen Rahmenbedingungen für die Nations League sind noch nicht fixiert. Das Turnier soll im Herbst 2018 beginnen, die eigentliche EM-Qualifikation dadurch erst im Frühjahr 2019. Jede Division der Nations League wird zwischen 12 und 16 Teams umfassen und in vier Dreier- oder Vierergruppen unterteilt sein. Höhepunkt ist eine Finalphase der vier Gruppensieger aus der stärksten Division A.
"Das ist in Bezug auf die Nationalmannschaften eine sehr wichtige Entscheidung für die Zukunft des Fußballs", kommentierte UEFA-Präsident Michel Platini die Verabschiedung der Resolution. "Dies ist ein richtiger und wichtiger Schritt, dem wir inhaltlich voll zugestimmt haben", ergänzte Windtner.
An Details wird gefeilt
Die breite Zustimmung wertete Windtner auch als "Solidarität der Großen" in der UEFA. In Deutschland etwa hatten sich Zweifel geregt, weil auch Freundschaftsspiele lukrativ vermarktet werden können. Gänzlich abgeschafft sollen freundschaftliche Länderspiele jedoch nicht werden, es soll noch ein bisschen Freiraum für Freundschaftsspiele bleiben, um zum Beispiel auch gegen nicht-europäische Nationen testen zu können. Bis zum kommenden Jahr wird an Details für die neue Liga gefeilt. Die endgültige Beschlussfassung könnte beim nächsten UEFA-Kongress im März 2015 in Wien stattfinden. Windtner: "Genau 200 Jahre nach dem Wiener Kongress."
Zweifelnde Gewerkschaft
Die internationale Spielergewerkschaft FIFPro hingegen fürchtet eine höhere Belastung für die europäischen Top-Fußballer. "Es sollte klar sein, dass es einen Unterschied zwischen einem Freundschaftsspiel und einem Pflichtspiel gibt", sagte FIFPro-Direktor Tijs Tummers am Donnerstag.
Durch den Wettbewerbs-Charakter würden Trainer in der Nationenliga nicht so häufig wie in Testspielen jüngeren Profis eine Chance geben. Stattdessen müssten die Topspieler noch mehr Einsatzzeiten absolvieren, weil mehr auf dem Spiel stehe, argumentierte Tummers. Die Verbände sollten viel eher über eine Reform des Formats für die Qualifikationsspiele zu großen Turnieren nachdenken.
"Sehr oft sieht man ein Spiel zwischen Nationen, die in der FIFA-Rangliste mehr als 100 Plätze trennen. Auch mit der Nationenliga bleiben diese Spiele auf dem internationalen Spielkalender", erklärte der FIFPro-Direktor. (APA, 27.3.2014)