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EU-Kommissionspräsident Barroso, US-Präsident Obama und EU-Ratspräsident Van Rompuy am Donnerstag in Brüssel.

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Nicht nur die EU-Granden, auch zahlreiche Anti-TTIP-Demonstranten mussten in Brüssel länger als geplant auf das Eintreffen von US-Präsident Barack Obama warten.

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Brüssel - Der US-Präsident ließ die zwei Präsidenten der wichtigsten europäischen Institutionen lange warten: Genau 22 Minuten standen sich Herman Van Rompuy, Chef des Rates, und sein Kollege in der EU-Kommission, José Manuel Barroso, am Mittwoch die Beine in den Bauch, außer Protokoll sozusagen. Erst mit dieser Verspätung rollte Barack Obama zu Mittag in seiner supergepanzerten Limousine "The Beast" beim Eingangsbereich des Ratsgebäudes in Brüssel vor. Für ihn war der Besuch beim EU-USA-Gipfel der erste überhaupt in der EU-Hauptstadt seit seiner Wahl im November 2008.

Ursprünglich als Routinetreffen geplant, hatte der Termin durch die Krise in der Ukraine mit den von EU und USA verhängten Sanktionen gegen Russland nach der Krim-Annexion höchste politische Brisanz bekommen. Statt der reinen Wirtschaftsgespräche standen nun sicherheitspolitische Fragen, solche nach gemeinsamen Werten von Freiheit und Demokratie, aber auch der gemeinschaftlichen Versorgungssicherheit im Zentrum der Beratungen. Obama hatte am Vormittag in Gedenken an 400 im Ersten Weltkrieg gefallene US-Soldaten auch noch eine Gedenkstätte in Waregem besucht.

Nato-Besuch

Demonstrativ rückten der US-Präsident, Van Rompuy und Barroso bei einer Pressekonferenz auch die transatlantische Partnerschaft als "äußerst wichtig" in den Vordergrund - als "Eckstein" für das Bekenntnis zu Demokratie, Grundrechten, wie es Europa und die USA verträten. Neben der EU stattete Obama dann auch noch dem Nato-Hauptquartier einen Besuch ab, wo er neuerlich betonte, dass die osteuropäischen Länder sich auf die USA verlassen könnten. Artikel fünf des Nato-Vertrages - die Beistandsverpflichtung - bedeute, dass es keine kleinen und großen, keine wichtigen und unwichtigen Staaten gebe, sondern jeder für jeden absolut einstehe; eine deutliche Warnung an Moskau.

Die Krise in der Ukraine war jedenfalls das Thema beim EU-USA-Gipfel zuvor, bestätigte Van Rompuy. Man sei übereingekommen, dass es für das Land "eine politische Verhandlungslösung geben" müsse; das sei das Ziel. Europa sei mit den USA aber auch bereit zu einer Ausweitung der Sanktionen. Der US-Präsident stellte das für den Fall in Aussicht, dass russische Truppen in der Ukraine "weiter marschieren". Diese Drohung - verbunden mit der Aufforderung zum Einlenken an Russlands Präsidenten Wladimir Putin - war nicht ganz neu. Diese Linie samt der Ausladung Moskaus aus der Gruppe der G-8-Staaten hatten die Partner bereits beim Nukleargipfel in Den Haag Anfang der Woche festgeklopft.

Schiefergas

Neu akzentuiert wurde aber, dass die USA mit den Europäern jetzt ein neues Kapitel der gemeinsamen Energiepolitik aufschlagen wollen mit dem Ziel, dass Europa von russischem Gas unabhängiger wird. Obama sagte Van Rompuy und Barroso zu, dass die Europäer mit Schiefergaslieferungen aus den USA rechnen könnten. Bereits kommende Woche soll diese Frage bei einem Treffen der G-7-Energieminister vertieft werden.

Der US-Präsident schlug vor, dass die Energiefrage ein essenzieller Teil der Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen (TTIP) werden solle. Wenn es ein solches gebe, werde die Vergabe von Lizenzen zur Lieferung von Flüssiggas durch US-Unternehmen einfacher. Er mahnte von den Europäern aber auch ein, dass sie selber wesentlich mehr tun müssten für die eigene Energieversorgung und -gewinnung. Sie müssten selber die "Diversifizierung vorantreiben", um von Russland unabhängiger zu werden. Worin das bestehe, sprach er nicht aus. Aber für die USA ist klar, dass Schiefergas auch in Europa gefördert werden muss - ebenso wie die Nuklearenergie.

Die Verhandlungen zu TTIP sollen jedenfalls zügig weitergeführt werden, erklärte der US-Präsident. Er teile die Sorge in Europa vor einer Schwächung von Konsumentenrechten oder Umweltstandards, sagte er. So etwas wolle er selber nicht unterschreiben. (Thomas Mayer, DER STANDARD, 27.3.2014)