Der Budgetsaal des Parlaments, schon oft Tagungsort diverser U-Ausschüsse, bleibt vorläufig leer. Denn zur Causa Hypo richtet die Koalition lieber eine "U-Kommission" ein.

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Wien - Die ähnliche Bezeichnung des Untersuchungsgremiums für die Problembank Hypo besänftigt Befürworter eines U-Ausschusses bezüglich des Finanzschlamassels keineswegs - im Gegenteil. Trotzdem wird die sogenannte U-Kommission, von Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) erdacht, von Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Bundespräsident Heinz Fischer abgesegnet, heute, Dienstag, vom Ministerrat beschlossen. Das Staatsoberhaupt wollte auf STANDARD-Anfrage zu der umstrittenen Vorgangsweise vorläufig nicht Stellung nehmen.

Denn statt eines für die Medien öffentlichen U-Ausschusses soll nun eine Art Weisenrat unter dem Vorsitz von Irmgard Griss, der ehemaligen Präsidentin des Obersten Gerichtshofes, hinter den Kulissen die fragwürdigen Vorgänge rund um die Hypo aufklären - allerdings nur jene seit der Notverstaatlichung im Jahr 2009.

Wie viel Budget Griss dabei zur Verfügung steht oder ob sie und die Mitglieder ehrenamtlich arbeiten, muss diese Woche erst bei einem "persönlichen Gespräch" geklärt werden, wie das Finanzressort und sie selbst bestätigen. Ebenso ungewiss ist, ob die U-Kommission auf Basis eines noch zu beschließenden Gesetzes agieren wird - und welche Köpfe Griss bei der Aufklärung zur Seite stehen sollen. "Sie hat keine inhaltlichen Vorgaben, ihr werden alle Unterlagen in Sachen Hypo zur Verfügung gestellt - und sie darf sich die Leute, mit denen sie arbeitet, selbst aussuchen", heißt es aus dem Büro Spindeleggers.

Griss selbst versichert im Gespräch mit dem Standard, dass sie "sofort Konsequenzen ziehen" würde, wenn ihr angeforderte Akten vorenthalten würden oder Zeugen nicht kooperieren. "Sonst kann die U-Kommission ja nicht sinnvoll arbeiten." Nachsatz: "Aber ich denke schon, dass wir Zugang zu relevanten Informationen bekommen und damit auch erkennen, wenn etwas zugedeckt werden sollte, weil dann das Gesamtbild nicht mehr stimmt."

Die Juristin mit zivilrechtlicher und handelsrechtlicher Erfahrung will vor allem Fachleute mit finanzrechtlichen Background in die U-Kommission holen. Ihre "Idealvorstellung" ist, dass es "dann relativ rasch geht und man noch heuer zu Ergebnissen kommt". Griss "versteht natürlich" den Ärger vieler darüber, dass die Koalitionsparteien ihre Zustimmung zum Einsetzen eines U-Ausschusses verweigern - hält es aber für "vertretbar" , dass SPÖ und ÖVP nun einen alternativen Untersuchungsvorgang einleiten: "Nach Abschluss unserer Arbeit ist es die politische Entscheidung des Parlaments, ob man doch noch einen U-Ausschuss einsetzen will."

Alibiaktion statt Aufklärung

Auch wenn Spindelegger als Argument anführt, dass die mittlerweile 102 gerichtlichen Verfahren hinsichtlich der Causa Hypo nicht durch eine parlamentarische Untersuchung gestört werden sollen, melden nicht nur die Oppositionsparteien, sondern auch Verfassungsrechtler massive Bedenken an den Untersuchungsmethoden der Koalition an. Heinz Mayer, Dekan des Wiener Juridicums, spricht angesichts der U-Kommission von "einer Beruhigungspille", sein Kollege Bernd-Christian Funk von "einer Alibiaktion".

Im Gegensatz zu einem U-Ausschuss kann eine selbsternannte Kommission nämlich keine Anordnungsverfügungen (etwa zum Erhalt von Akten) stellen, und sie hat auch keinerlei Zwangsbefugnisse (gegenüber Zeugen). Weigert sich eine geladene Auskunftsperson etwa mehrmals, vor einen U-Ausschuss zu treten, kann sie notfalls polizeilich vorgeführt werden. Dazu sind Zeugen in einem U-Ausschuss zu wahrheitsgemäßen Aussagen verpflichtet, andernfalls drohen ihnen nach Paragraf 288 des Strafgesetzbuches bis zu drei Jahre Haft.

Angesichts der juristisch zahnlosen U-Kommission gewinnt Experte Mayer "den Eindruck, dass das Ganze dazu dient, die Verantwortung der Organe des Bundes in der Causa Hypo ja nicht sichtbar werden zu lassen." Damit meint er das Agieren von Finanzmarktaufsicht, Notenbank und Finanzministern seit ruchbar wurde, dass die Kärntner Bank in argen Finanznöten steckt. Auch Funk hegt angesichts fehlender Zwangsmittel Zweifel an der "Leistungsfähigkeit" der U-Kommission: "Sie ist völlig vom Goodwill der Auskunftspersonen abhängig. Ich verstehe nicht, dass man den Vorsitz des Gremiums so hochrangig besetzt. Denn man riskiert, dass gar nix herauskommt - und wenn doch, wird das Ergebnis stets anfechtbar bleiben." (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 25.3.2014)