Nicht einmal zu U-Ausschüssen als Oppositionsrecht wie in Deutschland können sich die beiden Koalitionsparteien durchringen. Aus reinem Machterhalt mauern sie - und versuchen ein mittlerweile völlig veraltetes Politikverständnis vor der Wirklichkeit abzuschotten.

Längst hat sich die Opposition auf die Forderung nach Einrichtung eines U-Ausschusses zur Hypo Alpe Adria verständigt, aber der Erzkatholik Michael Spindelegger fürchtet ihn wie einen Teufel, der ihm das politische Leben zur Hölle macht. Dabei sagt er ja selbst zu Recht, er habe das Alpe-Adria-Feuer nicht gelegt, er sei beim Löschen aktiv.

Unergründlich daher auch die Angst vor erprobten demokratischen Modellen - die man in Österreich freilich gerne und vorzeitig abdreht. Und politisch nicht professionell der Versuch, eine ehemalige Höchstrichterin aus der Gewaltenteilung herauszulösen und ihr eine Art Sondergericht zuzuteilen. Irmgard Griss, so heißt die Exrichterin, müsste allein aus diesem Grund ablehnen.

Was Spindelegger - offenbar mit schweigender Billigung des demokratiepolitisch ebenso unbedarften Werner Faymann - da betreibt, ist der mittlerweile armselige Versuch, das System der großen Koalition samt Unterholz über die Distanz zu retten. Denn 2018, in dem Jahr der nächsten Nationalratswahl, ist auf Bundesebene ohnehin Schluss mit Rot-Schwarz.

Neue Demokratiemodelle werden immer stärker. Gerade jetzt im Zusammenhang mit dem wachsenden Druck, den U-Ausschuss zum Hypo-Alpe-Adria-Skandal parlamentarisch umzusetzen.

Beide, SPÖ- und ÖVP-Spitze, haben nicht begriffen, dass sich auch in Österreich die Politik weiterbewegt. In der SPÖ haben Parteikassiere abgedankt, ÖGB-Strukturen Einfluss verloren, die sogenannte Basis in den Gemeinden aber an (Wahl-) Macht gewonnen. In der ÖVP sind die Bünde nur noch formal und finanziell relevant. Sie spiegeln nicht einmal mehr den Willen der Kernschichten. Die wenden sich, vor allem im Wirtschafts- und Uni-Bereich, ab. Unter Spindelegger ist der Cartellverband (CV) wie in den 1950er-Jahren wieder die führende Kraft. Das aber ist retro.

Die Art, wie die Neos die ÖVP aufrollen, ist Teil des zukünftigen politischen Denkens. Dass Faymann und Spindelegger versuchen, die U-Ausschuss-Petitionen auf der Website des Parlaments mit zusammen bereits 45.000 Unterschriften abzuwürgen, ist ein Beweis für das Uralt-Denken an der Spitze der Koalitionsparteien. Und ein Hinweis auf Entwicklungen, die 2018 zur endgültigen Entmachtung des großkoalitionären Systems führen werden.

Der Kampf um die Installierung des Hypo-U-Ausschusses wird aus den geschilderten Gründen zu einer Auseinandersetzung um die Frage, welche Art und welche Strukturen der Demokratie wir in Österreich in Zukunft leben sollen und wollen.

Keine lustige Alternative wäre, was Roland Düringer in einem Brief an Spindelegger anklingen lässt: "Verhindern wir, dass die Wut eines Tages unsere Straßen heimsucht." (Gerfried Sperl, DER STANDARD, 24.3.2014)